Freitag, 26. Juni 2015

Das Mädchen in mir

Ich kann immer noch auf einen Marillenbaum steigen. Nur überlege ich heute, ob ich mein Kind als Wachposten abbeordnen soll, falls ich runterfalle. Ich freue mich immer noch, wenn ich Marillen pflücken kann. Und ich muss sie nicht mehr meinen Puppen verfüttern. Es ist auch nicht mehr der Marillenbaum von meiner Oma, sondern mein eigener. Ich habe einen Marillenbaum. Wow.

Aber ich habe Angst. Was ich mir alles brechen kann. Wer mich findet wenn ich runterfalle und wie ich ins Spital komme. Die meiste Zeit meines Lebens habe ich gedacht, ich sei unverletzbar. Lang bin ich als Terminator gut durch gekommen.

Ich baumle mit den Beinen und der Ast bricht auch nicht sofort ab, wenn ich mich auf ihn setze. Niemand ruft mich zum Essen, das bin ich heute, die ruft. Und meine Kinder setzen sich gar nicht so gerne in die Bäume.

Weil die Terminator-Zeit vorbei ist und auch die des kleinen Mädchens, ist mir klar, dass mir nicht mehr der Sohn des Bauerns, bei dem ich, wenn ich bei der Oma bin, abends die Milch hole, gefällt, sondern die, die mindestens eine so lange Lebenserfahrung haben, wie ich selbst, die mit den Falten um die Augen, eingerahmt von einer Schneise.

Erstaunlicherweise schmecken die Marillen genauso wie die von der Oma.

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