Donnerstag, 25. Juni 2015

Ma il cielo è sempre più blu

Jemand sagt mir, es wäre besser, wenn ich in die große Stadt zurückkehren würde. Ich sei einsam in Italien. Der Mann, der das sagt, macht mir Eindruck und so also auch seine Aussage.

Ja, stimmt, einsam. Im Sinne von: Die meisten meiner gescheiten Freundinnen sind in der großen Stadt.

Ich gehe durch die Tage und denke: Vielleicht habe ich alles falsch gemacht.

Ich bin bewegt.

Ich zweifle.

Ich zweifle aber auch sehr daran, dass in der großen Stadt alles anders wäre. Ich zweifle daran, dass all die Freunde, die ich vermisse, sich mit mir beschäftigen wollten, statt sich um ihre Familie zu kümmern. Das ist jetzt so. In ein paar Jahren wird es wieder anders sein.

Ich zweifle trotzdem. Bis ich den Himmel und das Meer von Belvedere sehe. Am Sonntag in der Früh, als ich in den Supermarkt fahre, denn am Sonntag bekommen dort große Familien 20% Rabatt. Ich hab eine große Familie. Und ich gehe am Sonntag in der Früh einkaufen, ohne meine Familie, bevor die anderen Familien kommen.

Ich habe einen Kaffee und ein Cornetto intus und ein kurzes Gespräch mit der Frau in der Bar, in der es darum ging, dass das Wetter gar nicht so schlecht ist, wie angekündigt, und dass wir beide nicht wissen, wann denn dieses angekündigte schlechte Wetter eigentlich kommen soll. Wir sind verschont geblieben, sage ich.

Und dann sehe ich das Meer und es überfällt mich unerklärlich wie die Liebe. Es ist tiefblau und es liegt unter mir. Nein, ich habe keinen Fehler gemacht. Das ist für mich.

In all diesem Mist und ich meine hier: Mist, denn die Mülltrennung, die mir so sympathisch wäre, ist etwas, was ich privat betreibe, fällt mir das Lied von Rino Gaetano ein:

Er zitiert all die Scheiße, die einem im Leben passieren kann und dabei sind die unglaublichsten Sachen - der eine ist Bauer, ein anderer kehrt den Hof zusammen, ein anderer ist Spion und es gibt auch den, der seine Tante liebt und die, die in Kalabrien leben. Die, die Pensionen stehlen, die, die eine schlechtes Gedächtnis haben und die, die von einem Zug überfahren werden, sowie die, die von Liebe leben. Und der Himmel ist immer blauer. Wer auf die Mauern schreibt, wer von Millionen träumt, wer eine Strafe erhalten hat und wer die Südländer hasst, chi mangia patate, chi beve un bicchiere, ma il cielo è sempre più blu.

Der Himmel ist immer blauer.

Und zwar nicht dort, wo die anderen sind, sondern dort, wo man ist, auch wenn man so ein Handicap hat, wie die Tante zu lieben, Brillen zu tragen oder in Kalabrien zu leben.

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