Montag, 18. Januar 2010

was mich freut

Müsste ich eine Rubrik mit dem Titel "Was mich ärgert" schreiben, hätte ich täglich 24 Stunden Arbeit. Es begänne spätestens um 6 Uhr morgens bei den ersten Radionachrichten. Ich lebe in einem Land, das ausreichend Stoff für Ärgernisse liefert. Am Beginn meiner Rubrik stünden also kleinwüchsige Minister, die ein Gesetz einführen wollen, demzufolge Kinder mit 18 aus ihrem Elternhaus ausziehen sollen. Argument: er ist erst mit dreißig ausgezogen und konnte bis dahin nicht mal sein Bett machen. Caro Signor B., ich habe kein Interesse, meine Kinder länger als nötig an mich zu binden (zumal sie jetzt ein super Kinderzimmer mit tollem Ausblick auf Meer bekommen, das ich mir nach ihrem Auszug unter den Nagel reiße, um mindestens 2000 Krimis zu lesen), aber über das Bettenmachen reden sie gern mit meinem siebenjährigen Sohn, dem geht das auch auf die Nerven, doch ab und zu gibt die Tatsache, sein Bett gemacht zu haben, ihm das Gefühl, potent wie Hulk zu sein. Sehr empfehlenswert. Gesetze sollte man nicht aufgrund eigener Lebenserfahrungen entwerfen.
Ich will aber viel lieber die Rubrik "Was mich freut" schreiben, denn das geht sehr viel rascher, ist in weniger als fünf Minuten abgehandelt:
Mich freut, dass wir es schaffen, um zehn nach sieben das Haus zu verlassen und keiner ist bereits verärgert.
Mich freut, den Obermaurer zu sehen, der ruft: "Heute ist auch die Signora da, ciao Signora!", aber am meisten freut mich, dass ihm sein Hemd aus der Hose hängt.
Mich freut, dass nach fünf Monaten die ADSL-Leitung im rosa Zimmer funktioniert.
Mich freut dann eine Zeitlang nichts im speziellen, aber dann sehe ich den Mann, der geht, und das freut mich wirklich.
Mich freut dann insgeheim, dass ich mit meinen Kindern im Auto blitzschnell zwischen zwei Autos von Maurern durchpresche, das ist ein bisschen kindisch, aber meine Kinder lieben Speed Racer und ich mach mich manchmal gern wichtig.
Mich freut, dass die Kinder Mandarinen vom Baum essen und sich Mandarinen-Man nennen.
Mich freut, dass MM (nach Nachdenken) sagt, ich habe recht, wenn ich finde, dass wenn Menschen aus meiner Generation mit 24 Jahren geheiratet haben, das nicht besonders jung ist, sondern was mit dem Leben auf dem Land zu tun hat.
Mich freut, dass mir ein Freund schreibt, den ich seit mehr als zehn Jahren nicht gesehen habe und an den ich heute gedacht habe.
Mich freut, dass ein anderer Freund mir über e-mail den Inhalt der Festplatte eines Laptops schickt, dessen Existenz ich verdrängt habe.

Also eigentlich hat Minister B. recht, ich bin eines dieser Exemplare, die mit 18 von zu Hause ausgezogen sind, ich kann damals wie heute mein eigenes Bett machen und habe jeden Grund, ein lautes "Hurra!" aufs nachtschwarze Meer hinauszurufen, to whom it may concern.

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