Sonntag, 8. August 2010

Ich liebe mich

das muss auch einmal gesagt werden: ich finde, ich bin eine Heldin.
Mein Tag, ein Sonntag übrigens, beginnt mit einigen Fehlentscheidungen. 1) vier weiße Blusen zwar ohne einer schwarzen Bluse in die Waschmaschine zu stecken, dafür aber mit einer braunen Hose, von der ich annehme, dass sie schon so oft gewaschen wurde, dass sie nicht abfärbt. Das tut sie doch und ich stehe vor vier urinfarbenen Blusen. Da ich mir den Luxus dieses Problems öfters leiste, habe ich Entfärber im Haus, löse diesen in 7 Liter Wasser auf und stecke die vier Blusen hinein, worauf sie gleich rosa wirken. Ich denke, ich werde sie schwarz färben müssen oder dunkelblau. Bei der Vorstellung einer dunkelblauen Phase in meinem Leben werde ich ganz aufgeregt.

Fehlentscheidung 2: MM einzureden, er müsse einige Kilos unserer unverhofft reichen Kartoffelernte zu Gnocchi verarbeiten. Anfangs geht alles gut, gemeinsam mit zwei Kindern produzieren wir ungeheure Mengen an Gnocchi, das kostet aber auch ungeheure Mengen an Zeit und am Ende lassen wir die von mir akkurat aufgereihten Gnocchi mit Geschirrtüchern zugedeckt stehen und gehen unseren anderen Plänen nach. Es ist aber August und wir sind in Süditalien und abends finden wir die Gnocchi verklebt und in käseähnlicher Konsistenz vor. Einige Gnocchi finden doch ihren Weg ins kochende Wasser, der Rest in die Mülltonne. So behalten wir unsere Miniportion Gnocchi in bester Erinnerung.

Fehlentscheidung 3: ein Kleid von Laura Ashley, das ich in einem Second Hand Laden erstanden habe und das ich heute zum ersten Mal anziehen will. Nicht zuletzt, weil meine vier weißen Blusen im Entfärberbad liegen. Kommentar Kind 3: so ein schönes Kleid! Kommentar MM: Oh, du siehst dick aus. Kommentar Kind 2 und 1: Du siehst wie eine Oma aus. Ich will das Kleid anbehalten, ich will das Haus verlassen. Es stimmt, ich sehe dick aus, aber wie eine Oma wirklich nicht. MM startet den Motor, mir wird heiß. Das Kleid ist zu eng, die Schultern beginnen dort, wo mein Hals aufhört, ich will aus diesem Kleid wieder raus. MM kommt zurück, die Kinder sitzen im Auto mit dem laufenden Motor. Ich habe nichts anzuziehen. MM schaut in den Kasten und macht Vorschläge. Meine Stimme wird kreissägenartig. Ich will mich in eine alte Hose von MM zwängen, zwecklos. Ich beschließe, meine Jeans anzuziehen, aber mir wird zu heiß. Doch ich weine nicht! Ich ziehe aus dem winzigen Stück Kasten, das meine Garderobe beherbergt, eine Hose von Dolce und Gabbana, die ich seit vier Jahren nicht mehr getragen habe, seit ich mir mit dieser Hose am Körper die Achillessehne gerissen habe. Die Hose ist grau und hat weiße Nadelstreifen. Sie ist unpassend für unsere Fahrt auf die Baustelle. Sohn 1 sagt: du siehst wunderbar aus, so als würdest du gleich im Fernsehen sprechen.
Braucht jemand ein Kleid von Laura Ashley Gr. 38?

Am Abend, nachdem wir zu wenig Gnocchi gegessen haben, manifestiert sich mein meistgefürchteter Albtraum: aus der Waschmaschine kommt Wasser (als ich die vier bereits wieder weißen Blusen spüle). Ich beginne aufzuwischen und finde das teuerste Paar Schuhe, das ich besitze, derart verschimmelt in ihrer Originalschachtel in der Nähe der Waschmaschine, dass ich husten muss. Kann Leder so schnell schimmeln? Stehen sie schon lange im Wasser? Statt zu weinen, wische ich die Schuhe ab und bin davon überzeugt, dass die Schuhe wieder schön sein werden. Ich überlege nur, wie der eindeutige Muffelgeruch je wieder verschwinden soll.
Morgen werde ich früh aufstehen und neben dem Arbeiten die Waschmaschine beobachten.

Und weil ich heute niemanden angeschrien habe und auch nicht mit der Unterlippe gezittert habe, liebe ich mich.

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