Samstag, 11. Juli 2015

Sommer, die zweite

Um viertel vor zehn verlassen die einstigen Tick, Trick und Track, jetzt Eiche 1, 2 und 3 gemeinsam mit ihrem verhältnismäßig rachitischem Vater das Haus. Abends wohlgemerkt. Unsere Gemeinde ist im Festfieber, der Ortsheilige wird gefeiert. 4 Tage Markt in der Marina, an denen ich immer nur Stühle sehe, aber angeblich gab es mehr, 1 Tag Umzug des Heiligen im Boot mit angeschlossenem Feuerwerk, das sehen wir von unserem Haus aus, dasauf den Hafes geht, leicht angeschlagen, nach der erneuten Zerstörung der Ölwanne des Autos, 1 Tag im oberen Dorf mit Verkostung lokaler Spezialitäten und Organetto und anderen Darbietungen und heute: Eugenio Bennato. Ich merke, dass ich ihn mit seinem Bruder Edoardo verwechselt habe. Hat da nicht einer in meiner Jugend gesungen und habe ich heute nicht gedacht: Na danke, das brauch ich nicht. Aber der da macht auf Taranta Rock und das hätte ich vielleicht doch sehen müssen. Soll ich nun zu Fuß ins Dorf gehen und abgekämpft meine Familie finden, wenn sie gerade heimgeht? Auto hab ich ja keins mehr. Dabei war ich doch vor kurzem noch so zufrieden bei dem Gedanken, dass ich schlafen gehen kann und mich nicht bis um 2 Uhr morgens durchkämpfen muss, auf dem Hauptplatz des Dorfes, wo ich doch nur die flanierenden Eltern der Schulkollegen meiner Kinder treffe. Da kann ich mich im Herbst auch vor die Schule stellen.

MM ist da ganz anders. Er liebt diese Art Freiluftveranstaltungen. Zum Glück für seine Söhne, die ein paar Tage im Jahr von Couchpotatoes zu Platzhirschen mutieren. Ich werde nun zum Kind, das alleine zu Hause bleiben darf, gleich setz ich mich vor den Fernseher und wähle, zum ersten Mal seit Jahren, aus was ich sehen will. MM sagt, er entspannt sich, wenn er die anderen Menschen sieht. MM sagt, er weiß, dass ich diese Menschen erschießen will.

Heute waren wir wegen der kaputten Ölwanne beim Autohändler. Er hat uns davon überzeugt, dass das geringste Übel sei, die Ölwanne zu flicken und andere Reifen zu kaufen, die das Auto höher machen, auf dass ich die Ölwanne nicht mehr aufschlitze. Dann haben wir lang mit der Frau des Autohändlers geredet. Sie hat erzählt, wie sehr sie den Sommer hasst und dass sie sich schon im Mai einkrampft. Das Leben sei so unordentlich im Sommer. Sie müsse, damit ihre Tochter ausgehen kann, abends in eine Bar mit Live-Musik und sie verstehe echt nicht, warum die erst um halb eins mit der Musik beginnen. Ich auch nicht. Die Frau ist eine schicke Frau Anfang vierzig und keine mit geschwollenen Füßen, die es abends nicht mehr schafft. Sie sagt, ihr Mann finde sie langweilig und sie sagt es mit einer Aura, die drauf schließen lässt, dass ihr Mann sie alles andere als langweilig findet, was auch mir die Lizenz gibt, einen Abend allein vor dem Fernseher zu verbringen.

Ich verstehe schon, dass das Leben nachts stattfindet, wo es doch tagsüber flirrend heiß ist. Umgehen kann ich mit dem dennoch nicht.


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