Mittwoch, 11. Mai 2011

Wiederaufnahme

Tatsächlich. Ich habe so lange nicht mehr geschrieben, dass ich die Adresse meines eigenen Blogs nicht mehr weiß. Ich atme durch den Mund. Meine Nase ist verstopft. Und wer weiß, was sonst noch alles. Ich habe etwa zwanzig Minuten Zeit. Das Kind ist zu Hause, da eine pensionierte Lehrerin gestorben ist und alle Lehrerinnen aufs Begräbnis gehen wollen. Daher entfällt nachmittags der Unterricht. Das Kind spielt Hund (Bubu) und besucht die Nachbarn. In zwanzig Minuten geht es zur anderen Schule. Dort proben die großen Kinder fieberhaft "I promessi sposi" für die Schulaufführung, die wahrscheinlich am selben Tag wie die Ballettaufführung des Kindes stattfinden wird. Da fällt mir ein, dass ich mit den Kindern zur Schneiderin muss. Ich dachte, das Stück sei modernisiert worden (schließlich muss sich der Rallyefahrer mit dem Internet verbinden), aber die Kostüme sollen aus 1861 (Einigung Italiens, alles dreht sich heuer um dieses Thema) stammen. Ich habe fast geweint, als ich das erfahren habe. Blöde habe ich zur Direktorin gesagt: Wie soll ich das machen? Als hätte ich gesagt: ich kann keinen Knopf annähen, bzw. brauche ich dazu eine Woche, wie sie sicher an den Schulschürzen meiner Kinder merken und kochen kann ich auch nicht, daher haben meine Kinder immer nur Mortadellabrote mit. Sie sagt kalt: Gehen sie zur Schneiderin und lässt Kopien der Kostüme aus einem Buch machen. Da sind Hemden mit Rüschen und Bundhosen und Jacken mit aufgeschlitzten Ärmeln, das kann man auch nicht als Hobbynäherin nachmachen. Wegen der Schuhe empfiehlt sie mir, zu den Chinesen zu gehen (ich bin da sonst nicht dafür, sagt sie entschuldigend) und China-Schuhe zu kaufen. Liebe Frau Direktor, die China-Schuhe, die Sie und ich in der Jugend getragen haben, gibt es wahrscheinlich seit zwanzig Jahren nicht mehr. All meine Gedanken kreisen um diese Schuhe, um diese Rüschen. Gestern war ein schlimmer Tag, da dem Rallyfahrer zwei Szenen entzogen wurden. Der Rallyefahrer war total beleidigt und ich ehrlich überrascht. Ich war schon überrascht, dass er seinen Text konnte. Ich war auch überrascht, dass die Direktorin sagte, er solle mit mehr "Ausdruck" rezitieren. Ich sagte ihr, da könne ich nichts machen, zu Hause sei er sehr ausdrucksvoll. Eigentlich wollte ich sagen: Das ist ihre Aufgabe, Frau Möchte-Gern-Regisseurin-Trampel. Zu Hause ist es zur praktischen Gewohnheit geworden, dass die Kinder rezitieren, während ich die Wäsche abnehme oder aufhänge. Der Text, den ich einsprechen muss, liegt dann auf dem Wäscheständer. Das hat dazu geführt, dass wir zum ersten Mal, seit wir ohne Putzfrau leben, nur etwa drei Waschmaschinen im Rückstau sind. Jetzt hat der Rallyefahrer kaum mehr Text und mir schwant Böses, was unsere Kleidung betrifft.

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