Montag, 28. Januar 2013

Musik

"Music was my first love, and it could be my last", sang Barry Manilow, als er noch (gemeinsam mit Rod Stewart) der einzige Mann in meinem Leben war. Das war auch ungefähr die Zeit, als ich in mein Tagebuch schrieb: "Solange es Wein und Musik gibt, werde ich mir nicht das Leben nehmen." Und so ist es auch viele Jahre später, trotz Wirtschaftskrise.

Wobei sich das mit der Musik natürlich verändert hat. Über den orangen Philips-Plattenspieler versus you tube brauchen wir hier nicht zu reden, kommen wir lieber gleich zur Sache und das ist die mit der Mittelschule mit dem musikalischen Schwerpunkt, man erinnert sich tralalalala, die Söhne spielen Schlagzeug und singen und es gibt ein Orchester und eine königliche Musiklehrerin. Jetzt muss ich auch das Kind in diese Schule einschreiben und das Kind soll ein Instrument auswählen. Das Kind ist, auch das weiß man, ein wahrer Nonkonformist und geht nicht Fußball spielen sondern in klassischen Tanz. Das Kind kündigt bereits vor der Vorstellung der Instrumente an, dass es gedenkt, Harfe zu lernen. HARFE? Nein, das Kind hat nur einen Scherz gemacht. Sagt es.

Ich gehe  mit dem Kind zur Präsentation der Instrumente und wo etwa 50 Kinder mit glänzenden Augen einer Vorstellung von 8 Musikinstrumenten folgen sollen, sitzen etwa 12 Kinder, dafür kommen mir gleich mehrmals die Tränen. Da gibt es Querflöte, Harfe, Klavier, Oboe, Klarinette, Trompete, Percussion und Geige. Die Lehrer stellen sich vor und ein oder mehrere Schüler geben etwas zum Besten. Die Instrumente werden auch für die nächsten drei Jahre ausgeliehen. Meine Freundinnen in der großen Stadt bekommen große Augen, ich weiß. Meine Freundinnen in der mittelgroßen Gemeinde in Kalabrien sind leicht genervt. Was? Auch noch ein Instrument? Eine Mutter der fünf Kinder aus der Klasse meines Kindes sagt, ihr Sohn sei nur gekommen, um die Instrumente zu sehen, er werde sicher keines spielen, er ginge ja ohnehin schon Fußballspielen. Andere Mütter bringen ihre Kinder nicht, denn wenn diese auch ein Instrument erlernen werden, dann muss ihnen das bitte nicht vorgestellt werden. Man weiß doch, was das ist, oder?

Ich musste hingehen, damit mein Kind sieht, dass es genauso gut Oboe lernen könnte, auch Geige ist nicht schwach, aber das Kind, zwar elektrisiert von der gesamten Darbietung, bleibt bei seiner Entscheidung: es wird Harfe lernen. Da hilft auch nichts, dass der  Dirigent, der Freund der Königin, auftritt und sich herausstellt, dass er nicht nur dirigiert, sondern auch Trompete unterrichtet und der Chef der Blasmusikkappelle des Orts ist. Ich denke zwar, dass ich vielleicht Trompete statt Organetto lernen sollte und das Kind ist auch sehr erfreut, dass die beiden Schüler nun "When the saints go marchin' in" blasen, aber das hält ihn nicht davon ab, nach der Darbietung zu sagen: "Ich habe nur eine Frage: können auch Männer Harfe spielen, oder ist das nur was für Frauen." In diesem Moment kommt der Dirigent auf uns zu und ich frage mich erstens, ob er sich an unser aufregendes Erlebnis im Theater erinnert und zweitens, ob ich aus Gründen des allgemeinen Wohlbefindens mich jetzt blitzschnell in den Dirigenten verlieben soll, und da ist er schon in meinem olfaktorischen Bereich und NEIN, das habe ich in der Frischluft vor dem Theater nicht ahnen können: er ist Zigarrenraucher. Er fragt, ob er was für uns tun kann. Danke, aber mein Sohn will Harfe lernen.

Ich mache das Kind mit der Harfelehrerin bekannt. Und das ist Liebe. Ja, es gibt noch einen anderen kleinen Jüngling, der Harfe lernt. Das Kind ist beruhigt. Lehrerin und Kind planen bereits, wie sie mit der Harfe lateinamerikanische Rhythmen zupfen werden. Der Percussionlehrer ist noch dazu der Mann der schönen peruanischen Harfenfrau und im lateinamerikanischen musikalischen Gehirn werden rhythmische Familien-Happenings ausgesponnen.

Ich will heim zu meinem Kassettenrecorder und Barry Manilow. Und ich gestehe: es gab mehr als Barry und Rod. Da waren auch die Bay City Rollers...Ihnen ist es zu verdanken, dass ich auch heute noch davon besessen bin, dauernd einen Rock'n'Roll Love Letter schreiben zu wollen. Das kann ich dann tun, wenn nächstes Jahr gezupft und getrommelt wird.

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