Freitag, 18. Dezember 2009

I wish I was a carpenter

Im Moment geht es um die Treppe. Ich liebe Treppen. Da ich immer in der Stadt gelebt habe, habe ich nie eine Treppe im Haus gehabt. Jetzt haben wir eine Holztreppe von einem Appartement zum anderen, aber wie mein kleiner Sohn richtig durchschaut hat, gilt das nicht so recht: "In unserem neuen Haus werden wir eine richtige Treppe haben."
Seit heute weiß ich, dass Treppen auf das selbe Niveau gebracht werden, sonst stolpert man. Diese Arbeit kostet ziemlich viel Geld. Wieso ist diese Treppe nicht von vornherein auf dem selben Niveau? Wieso gibt es keine Frauen als Maurerinnen? Ich werde eines Tages leichtfüßig über diese 36 Stufen springen, von denen jede für 30 Euro auf das selbe Niveau gebracht wurde, ich werde auf dem verharren, was auf italienisch pianerottolo heißt, der deutschen Name fällt mir nicht mehr ein, der kostet wahrscheinlich 100 Euro mit seinem Zementniveau. Ich werde leichtfüßig mit Gepäck auf und ab hüpfen und nicht mehr daran denken, dass ich jetzt nicht weiß, wie wir all diese Details bezahlen sollen.
In ein paar Monaten wird sich der Obermaurer einer Herzoperation unterziehen. Im April oder im Mai. Wird er uns dann unser Haus zurückgegeben haben? Er selbst wird nicht auf den Stufen sitzen und sie geduldig auf das gleiche Niveau bringen, obwohl ihm diese Arbeit entsprechen würde. Er macht nur die wichtigen Arbeiten. Er hat die Schiebetüren für die Bäder eingesetzt und ich glaube er konnte es kaum erwarten, das zu tun.
Kann man leidenschaftlich und nicht herzkrank sein?
Im Badezimmer mit den unsäglichen türkisgrünen Stücken steht nur noch das Klo. Dieses letzte Versatzstück meiner Anwesenheit wird nächste Woche wohl auch weggerissen, um Platz für das Neue zu machen. In der Übergangszeit ist kein Platz für mich, was mich sehr quält. Aber ich habe ohnehin schon beschlossen, diese Übergangszeit mit den Kindern an einem anderen Ort zu verbringen. Ich befürchte nur, dass nach meinem Exil noch lange kein anderes Klo vorhanden sein wird.

Die Kinder sagen, wir werden das schönste Haus der Welt haben. Ich frage MM, was wir tun werden, wenn das Haus fertig ist. Im Scherz sagt er, dann hauen wir ab, denn dann müssten wir alle bezahlen. Das ist aber keine gültige Antwort. Ich denke an die Housewarming Party, zu der dann alle Arbeiter in Zivilkleidung und alle Nachbarn kommen und alle haben ein Glas Sekt in der Hand. Geht das in Süditalien? Zerkratzen sie dann den Holzboden? Ich stelle mir verschwitzte Kinder vor, die über die Treppe stürmen, die zum Glück auf gleichem Niveau ist, so dass ihr Gehirn gleichmäßig funktioniert und sie nicht stürzen. Ich stelle mir vor, dass ich mit den Maurern zum Abschied plaudere und bei dieser Vorstellung drücke ich auf ff, denn so wird das nicht sein, ich werde mit ihren Frauen plaudern und ich werde mein türkisgrünes, völlig ungeputztes Klo vermissen und die Tage, in denen wir über den Schutt stiegen und die Tage, in denen meine Kinder sagten: Mama, in diesem Haus erlaubst du uns alles! Die Tage, an denen die Nachbarn uns Brot und Frittata, Wein und Gemüse brachten. Die Tage, an denen wir draußen grillten, weil es kein drinnen mehr gab und wir so taten, als würde der Sommer nie zu Ende gehen. Die Tage, an denen sich immer ein Blick zum Dach lohnte, wer weiß, wer oben stand.
Ich glaube, wir werden sehr einsam sein, wenn das Haus fertig ist und die Housewarming Party vorüber.
Aber dann werden wir Wäsche waschen und unsere Herzen operieren und endlich alle Krimis lesen. Und wenn wir Glück haben, ist es Frühling und wir bauen wieder Tomaten an. Venite pomodori, piccoli tesori. Und dann gehen wir arbeiten und verdienen Geld, damit die Maurer wieder kommen können, denn das rosa Zimmer wird immer noch rosa und ohne neuen Boden sein und aus dem Schweinestall kann man dann ein Büro machen und das Dach wird begrünt werden. Und vom Dach werden unsere Fahnen wehen, die italienische, die österreichische, die brasilianische und die vom Regenbogen. Oder zumindest wird sich ein Windrad drehen. In Herzform. Geht das?

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