Sonntag, 11. April 2010

Desperate Working Mum

La Dattilografa hasst ihre Arbeit über alle Maßen. Der einzige Trost ist, dass auch andere Mitarbeiter ihre Arbeit hassen und nicht mit ihr zurecht kommen. Ich bin erstaunt, es ist also nicht alles mein privates Problem. Wahrscheinlich ist überhaupt nichts mein privates Problem, sonst würde ich nicht ohne Unterschied jeden Tag, sobald ich die Straße betrete, betrunkene oder unter Drogen stehende Leute sehen. Bewege ich mich grundsätzlich in den falschen Vierteln?

Die dattilografische Wohnung hat sich binnen kürzester Zeit zu dem entwickelt, was die dattilografische Mutter mit bebender Stimme als "richtigen Junggesellenhaushalt" bezeichnen würde. Wenn die dattilografischen Kinder so eine Unordnung machen würden, würde ihr Mutter zu einem lange anhaltenden Schrei ansetzen. Hier ist mein Hormonhaushalt von Testosteron infiziert. Wahrscheinlich, weil ich nur ertrage, meine armen Kinder ohne mich zu wissen, indem ich mir vorstelle ich bin ihr Vater. Da würde keine Lehrerin sagen: "Das merkt man schon, dass die Mamma nicht da ist." Da würde keine andere Mutter trocken schluckend sagen: "Mutig, wie machst du das?" Da hätte niemand den Mut, mich mit dem Blick: "Na ja, wenn sie glaubt" anzuschauen, wenn ich sage: "Die Kinder sind bei ihrem Vater." Ja, sie sind mit ihrem Vater, ja, zwei Monate lang. Ja, mein Mann kann das. Ja, ich bin auf einer Bohrinsel.

Leider ist es nicht so, dass ich monatelang nach Gold grabe und wir dann reich und glücklich sein werden. Zumindest nicht reich, das mit dem Glück ist ja nie ausgeschlossen. MMs Großvater war 23 Jahre lang allein in Argentinien und hat es dennoch geschafft, mit einem Zwischenaufenthalt vier Kinder in Italien zu zeugen.

Zwei Tage ist es mir nicht gelungen, mit meinen Kindern zu telefonieren, obwohl ich es mir fest vorgenommen habe. Diese Telefonate sind auch nicht unanstrengend. Im Moment scheint es sich ein wenig eingespielt zu haben, dass der Jüngste singt und Küsse schickt, der Rallyfahrer wie immer konkret ist und mir mehrere Dinge mitteilt, die Papa "entschieden hätte" und die ihm nicht so recht sind und sich der Älteste anhört, wie Scheiße meine Arbeit und wie kalt es in der Stadt ist.

Auch MM wiederholt sich: der Obermaurer hätte gesagt, er sei Ende des Monats fertig und dabei sei er eigentlich ohnehin schon fertig und die Badezimmer seien verfliest und in der Küche sei der Estrich gemacht und irgendwas ist noch nicht getrocknet, da bin ich beim Telefonieren abgedriftet, aber der Verdacht besteht, dass der Obermaurer doch noch einen Extraauftrag wolle, weshalb er bis Ende des Monats zu arbeiten gedenke.

Ansonsten scheint alles gut zu gehen und extrem anstrengend zu sein, so dass meine vier Männer den Sonntag zu Hause verbringen werden, da offenbar alle nur darauf warten, endlich schlafen zu können. Die Schlafengehzeiten mit Papa sind sicher andere als meine teutonischen. Auch die working mum ahnt schon, was der Sonntag bringen wird: heute stelle ich mir noch vor, ich gehe ins Kino und morgen wird um zehn Uhr in der Früh das Telefon läuten und dann werde ich um sechs Uhr abends noch immer im Pyjama am Computer sitzen und arbeiten.

Während ihrer verzweifelten Fahrten zur ungeliebten Arbeit entwickelt La Dattilografa Alternativen zum Gelderwerb. Ein zehnminütiger Besuch in einer großen Buchhandlung inspiriert sie dabei:

a) La Dattilografa schreibt einen Lebensratgeber (viele Kunden in diesem Stockwerk). Sie schreibt: Machen Sie sich selbst glücklich, indem Sie erst etwas verlegen, und es dann wieder finden. Besonders groß ist der Glückszustand, wenn es sich um Bankomatkarten oder PIN-Codes handelt.

b) La Dattilografa schreibt ein Kochbuch (viele Kunden in diesem Stockwerk). Sie schreibt: Kochen Sie, kochen Sie, kochen Sie. Kochen Sie Gemüse. Kochen Sie wie meine Schwiegermutter. Kochen Sie Gemüse. Kochen Sie, als ginge es um Ihr Leben. Kochen Sie, wie Sie selbst sein wollen: nachhaltig, authentisch und mit Geschmack.

c) La Dattilografa schreibt einen pornografischen Roman (sicher viele Kunden, in welchem Stockwerk eigentlich?). Sie schreibt: Es war Mitternacht und er wollte eben zu Bett gehen, als sein Blick auf ein hell erleuchtetes Fenster im Haus gegenüber fiel. Die Frau, die er schon mehrmals im Tabakladen gesehen hatte, stützte sich mit einer Hand am Fensterrahmen ab. Ihr langes dunkles Haar fiel ihr halb über das Gesicht. (usw.usw. Sie putzt nicht die Fenster!)

Das alles könnte ich im rosa Zimmer tun und bräuchte nicht so lange zu fahren. Ich bräuchte mir nicht vorstellen, ich sei ein Mann, ich könnte die Kinder zu Mittag von der Schule abholen.

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