Mittwoch, 18. Januar 2012

Von Männern und Mäusen

Vor nicht allzu langer Zeit mussten meine großen Kinder für die Schule Statements zum Thema Information abgeben. Planlosigkeit. "Na wo bekommt ihr denn eure Informationen, wenn ihr etwas wissen wollt, Neuigkeiten, etc." "Wir fragen dich!" "Und ich? Woher beziehe ich Information?" "Du fragst Papa!"
Das bin ich, so sehen mich meine Kinder.

Und natürlich steckt in diesem kolossalen Irrtum ein Körnchen Wahrheit, wie ich gestern feststellen musste. MM kommt um zwanzig nach sechs mit den verschwitzten Break-Dancern nach Hause und verschwindet. Irgendwann begegnen wir uns wieder, das passiert, meistens in der Küche. "Ich repariere deinen Stecker. Ich habe mir vorgenommen, jeden Tag eine Sache zu tun, so habe ich am Ende der Jahres 365 Dinge getan." Dieses Jahr sogar 366, das nenne ich Lebensphilosophie. Ich wusste gar nicht, dass ich einen kaputten Stecker habe, ich habe mich daran gewöhnt, meine Nachttischlampe mittels eines zehn Meter langen Verlängerungskabels in Betrieb zu setzen.
Freundlicherweise unterbricht er die Tätigkeit des Tages, um beim Abendessen Information zu verbreiten. Der Kapitän des untergegangenen Kreuzschiffs hat nicht als letzter das Schiff verlassen, wie es sich gehören würde, und die ganze Kreuzschiffgeschichte hat verhindert, dass wir etwas Entscheidendes erfahren haben, nämlich: dass in Sizilien der Aufstand der Heugabeln ausgebrochen ist. Die Menschen protestieren gegen die hohen Treibstoffpreise und haben den Verkehr zum Erliegen gebracht. Das gefällt mir.
MM hat auch Informationen aus allererster Hand: Roberto Benigni bekam an der Universität von Kalabrien einen Doktortitel honoris causa und MM war dabei. Benigni bezeichnete den Süden Italiens als den Kopf Italiens und dass man den nicht abschlagen solle (haben Sie gehört, Signor Bossi?). Da passen doch die Sizilianer mit ihren wüstenhaft verlassenen Straßen gut dazu. Die Kinder sind mittlerweile zum Tom und Jerry Cartoon zurückgekehrt und das Kind ruft: "Papa, sie haben die chinesische Mauer zerstört!" "Die Armen" ruft MM freundlich zurück. Niemand fragt nach, wer arm ist, alle sind zufrieden und MM, der, wie mir erstmals auffällt, eine Furche in der Nase hat, erzählt weiter, wie Benigni meisterhaft und sympathisch den Störversuch eines Typen aus einem TV-Programm mit dem sprechenden Titel: "Die Hyänen", in sein Programm einbaut. Der Typ singt irgendeinen alten italienischen Hadern, Benigni läßt sich stören und singt mit. Der Typ gibt auf. "Entschuldigen Sie," sagt er zum Publikum, "wir haben nicht geübt, das nächste Mal wird es besser!" Tom und Jerry ist zu Ende, die Kinder wollen noch CSI sehen. "Papa, das willst du doch auch!" rufen sie, in der Hoffnung, ihrem Wunsch werde stattgegeben. Der Informationsträger eilt auf das Sofa vor den Fernseher.

Wir haben seit mehr als vier Jahren keinen TV-Empfang. Die CSI-Folgen stammen aus einer alten Sammlung, als wir noch amerikanische TV-Serien-Junkies waren.
Vor ein paar Tagen hat die Klassenlehrerin der großen Kinder die Direktorin in die Klasse gebeten, um den Schülern, die keine Hausübungen machen, die Leviten zu lesen. Meine Kinder wurden bei der Gelegenheit öffentlich gelobt und es wurde betont, dass meine Kinder nicht einfach den ganzen Tag fern sehen, sondern sich am Abend (nachdem sie die Hausübungen gemacht haben, bittesehr!) einen Film anschauen. (Zum Glück weiß sie nicht, dass es sich, wenn schon nicht um CSI, dann um Filme mit Jugendverbot wie Mean Streets oder Rambo handelt).
Just an diesem Tag hatte ich eine Antenne gekauft. Meine Kinder befürchten, sie können jetzt am Abend keine Filme mehr sehen. Neinnein, schaut nur weiter eure DVDs, das Fernsehprogramm werde ICH konsultieren und abends gebe ich euch ein paar Informationen weiter.
Normalerweise lese ich den Kindern jetzt abends die Geschichte der Iliade vor, aber gestern war ich zu müde (zu viele Informationen...), und während ich mich Morpheus Armen ergab, nahm ich entfernt wahr, dass MM seine Tagessache zu Ende brachte und meine Nachttischlampe umsteckte.
Oh Captain, my captain...

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