«Siamo alla presenza di un imbarbarimento, di un avvelenamento della vita civile che è difficile da sopportare».
(Wir stehen einer Barbarisierung gegenüber, einer Vergiftung des bürgerlichen Lebens, die schwer auszuhalten ist).
Sagt Silvio Berlusconi. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Der eigentliche Text müsste lauten: Ich habe die Gesellschaft barbarisiert, ich habe das bürgerliche Leben vergiftet und ich bin schwer auszuhalten.
Und die Antwort lautet: du bist nicht schwer auszuhalten, du bist überhaupt nicht auszuhalten.
Donnerstag, 11. Februar 2010
Mittwoch, 10. Februar 2010
...and into the blue
Aus Gründen, die gemeinhin Liebe genannt werden, habe ich vor mehr als 13 Jahren beschlossen, in Italien zu leben. Die Liebe zum Mann wird mit den Jahren immer leichter, die Liebe zum Land ist in letzter Zeit schwer mitgenommen und hängt wie ein vom Wind zerfetztes altes Geschirrtuch auf der Wäschleine.
"Jeden Tag," möchte ich zum fiktiven Therapeuten sagen, der zwischen mir und Italien vermitteln soll. "Jeden Tag die selben Vorkommnisse, ich halte das nicht mehr aus."
Im Oktober hat eine Demonstration in unserer Gegend stattgegefunden, die es bis dahin noch nicht gegeben hatte. In den ersten zehn Minuten habe ich nur geweint. Darüber, dass es Menschen gibt, die etwas für dieses Land tun wollen (oder wollten - einige leben nicht mehr). Dass es Menschen gibt, die nicht die Schultern hängen lassen, wenn vor unseren Küsten Schiffe mit unbekanntem Inhalt im Meer versunken lagern. Dass wir nicht allein sind. "Amazzateci tutti" (Bringt uns alle um) ist der Name einer von jungen Menschen gegründeten Organisation, die gegen die Mafia eintritt.
Auf Transparente haben die Menschen geschrieben: Ich will hier bleiben.
Roberto Saviano schreibt in The New York Times über die Revolte der Afrikaner in Rosarno. Die Immigranten würden sich den Regeln der Mafia widersetzen, so wie auch einige Italiener: "Es gibt die, die Widerstand leisten, und die, die über ausreichend Freiheit und Mittel verfügen, Orte wie Rosarno zu verlassen und ihrerseits auszuwandern."
Ich denke oft über die Worte Freiheit und Mittel nach (das hat aber nichts zu bedeuten, denn ich denke auch über das Wort Schlagloch nach). MM und ich reden manchmal darüber, wie es wäre, wegzugehen. Nachdem wir ein Haus gekauft haben, haben wir tatsächlich weder die Freiheit noch die Mittel, was aber nur einer der Gründe ist, nicht wegzugehen.
Aus der Küche kommt der Geruch der Brokkoli, die unsere neue Nachbarin Teresa MM mitgegeben hat, gemeinsam mit einem Sack Scarola, sechs Eiern und einem Glas Melanzane sott'olio, eingelegten Auberginen. Ich weiß, dass vierzig Kilometer von mir entfernt ein Gerüst aufgebaut wird, von dem aus der Grobverputz auf die Wände unseres Hauses geworfen wird, zumindest hab ich das so verstanden. Vor dem Eingang haben die Maurer eine wunderbare, perfekte Ebene geschaffen, die ich zuerst ablehnte und von der ich dann begriff, dass ich über ihr wie Cristo und Jeanne Claude Stoffbahnen wehen lassen kann, seitdem liebe ich sie.
Unsere Maurertruppe besteht aus lauter fähigen Männern, von denen keiner ausgebeutet zu werden scheint, und die alle aus der Gegend stammen. Am Nachmittag nimmt sich Teresas Sohn, der, nachdem er die Olivenbäume gestutzt hat, jetzt bei uns den Wassergraben aushackt, seine Ziege mit, die dann auf unserer Wiese frisst.
Darum will ich hier und nirgendwo anders leben. Auch wenn jetzt gegen Bertolaso, den Chef des Zivilschutzes ermittelt wird. Ach. Das ist die Verwirrungs- und Verunsicherungsmaschine: Personen, die wir bisher für anständig oder kompetent oder gar beides gehalten haben, stellen sich plötzlich als korrupt heraus. Oder sollen sich als solches herausstellen. "Ich weiß es nicht", sage ich zum fiktiven Therapeuten. Und er schweigt. Eine Antwort gibt der Rap von Gianna Nannini und Fabri Fibra (origineller Name) : Ci sono cose che nessuno ti dirà, ci sono cose che nessuno ti darà, sei nato e morto qua, sei nato e morto qua, nato nel paese delle mezze verità.
(Es gibt Dinge, die dir niemand sagen wird, es gibt Dinge, die dir niemand geben wird, du bist hier geboren und gestorben, geboren im Land der Halbwahrheiten.)
"Jeden Tag," möchte ich zum fiktiven Therapeuten sagen, der zwischen mir und Italien vermitteln soll. "Jeden Tag die selben Vorkommnisse, ich halte das nicht mehr aus."
Im Oktober hat eine Demonstration in unserer Gegend stattgegefunden, die es bis dahin noch nicht gegeben hatte. In den ersten zehn Minuten habe ich nur geweint. Darüber, dass es Menschen gibt, die etwas für dieses Land tun wollen (oder wollten - einige leben nicht mehr). Dass es Menschen gibt, die nicht die Schultern hängen lassen, wenn vor unseren Küsten Schiffe mit unbekanntem Inhalt im Meer versunken lagern. Dass wir nicht allein sind. "Amazzateci tutti" (Bringt uns alle um) ist der Name einer von jungen Menschen gegründeten Organisation, die gegen die Mafia eintritt.
Auf Transparente haben die Menschen geschrieben: Ich will hier bleiben.
Roberto Saviano schreibt in The New York Times über die Revolte der Afrikaner in Rosarno. Die Immigranten würden sich den Regeln der Mafia widersetzen, so wie auch einige Italiener: "Es gibt die, die Widerstand leisten, und die, die über ausreichend Freiheit und Mittel verfügen, Orte wie Rosarno zu verlassen und ihrerseits auszuwandern."
Ich denke oft über die Worte Freiheit und Mittel nach (das hat aber nichts zu bedeuten, denn ich denke auch über das Wort Schlagloch nach). MM und ich reden manchmal darüber, wie es wäre, wegzugehen. Nachdem wir ein Haus gekauft haben, haben wir tatsächlich weder die Freiheit noch die Mittel, was aber nur einer der Gründe ist, nicht wegzugehen.
Aus der Küche kommt der Geruch der Brokkoli, die unsere neue Nachbarin Teresa MM mitgegeben hat, gemeinsam mit einem Sack Scarola, sechs Eiern und einem Glas Melanzane sott'olio, eingelegten Auberginen. Ich weiß, dass vierzig Kilometer von mir entfernt ein Gerüst aufgebaut wird, von dem aus der Grobverputz auf die Wände unseres Hauses geworfen wird, zumindest hab ich das so verstanden. Vor dem Eingang haben die Maurer eine wunderbare, perfekte Ebene geschaffen, die ich zuerst ablehnte und von der ich dann begriff, dass ich über ihr wie Cristo und Jeanne Claude Stoffbahnen wehen lassen kann, seitdem liebe ich sie.
Unsere Maurertruppe besteht aus lauter fähigen Männern, von denen keiner ausgebeutet zu werden scheint, und die alle aus der Gegend stammen. Am Nachmittag nimmt sich Teresas Sohn, der, nachdem er die Olivenbäume gestutzt hat, jetzt bei uns den Wassergraben aushackt, seine Ziege mit, die dann auf unserer Wiese frisst.
Darum will ich hier und nirgendwo anders leben. Auch wenn jetzt gegen Bertolaso, den Chef des Zivilschutzes ermittelt wird. Ach. Das ist die Verwirrungs- und Verunsicherungsmaschine: Personen, die wir bisher für anständig oder kompetent oder gar beides gehalten haben, stellen sich plötzlich als korrupt heraus. Oder sollen sich als solches herausstellen. "Ich weiß es nicht", sage ich zum fiktiven Therapeuten. Und er schweigt. Eine Antwort gibt der Rap von Gianna Nannini und Fabri Fibra (origineller Name) : Ci sono cose che nessuno ti dirà, ci sono cose che nessuno ti darà, sei nato e morto qua, sei nato e morto qua, nato nel paese delle mezze verità.
(Es gibt Dinge, die dir niemand sagen wird, es gibt Dinge, die dir niemand geben wird, du bist hier geboren und gestorben, geboren im Land der Halbwahrheiten.)
Samstag, 6. Februar 2010
Into the Wild
Trotz enormer Müdigkeit bin ich auch heute um sechs Uhr aufgestanden, da der Wecker um halb sechs Uhr läutete, und bin mit Kind und MM zur Baustelle gefahren, obwohl keine organisatorische Notwendigkeit bestand. Es tat gut, an einem Samstag dort zu sein, mit nur zwei Installateuren am Hämmern und dem Allroundstar aus der Nachbarschaft, der seit Tagen die Olivenbäume stutzt. Ich schwanke zwischen Verzweiflung und Enthusiasmus und MM versteht die Verzweiflung nicht. Er, der fast täglich hier troubles shootet, erwartet keine Verzweiflung von mir. Aber die unglaubliche Menge an Unfertigem, die immer noch große Menge an Schutt, die offen liegenden Schläuche überall, lassen eher verzweifeln als hoffen. Gleichzeitig sind aber echte Verbesserungen zu sehen. Auf dem Dach gab es bisher ein Mäuerchen, das jetzt weg ist, was dem Haus Größe verleiht und dem Auge Freiheit gibt. Die Treppe ist fertig ausgeglichen und es ist wirklich erstaunlich, wie leichtfüßig man jetzt auf ihr hochlaufen kann. In der ungeliebten Küche wurde auch eine Mauer umgerissen, was immer einen erstaunlichen Effekt hat, weil die Mauern einen Meter dick sind, und die Küche wirkt leichter, fröhlicher, und ich kann mir zum ersten Mal vorstellen, darin etwas buntes zu kochen.
Dann fahren wir in einen kleinen Weiler, ein paar Minuten entfernt, in dem der Mann wohnt, der im Sommer unseren Garten mit seinem Traktor umgegraben hat, und dem wir noch von damals Geld schulden. Seit kein Klo mehr in unserem Haus ist, habe ich die Natur der Umgebung studiert, und zu meinem Entstetzen festgestellt, dass alles, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so wirkt, bewirtschaftetes Land ist. Und dass überall Menschen wohnen. In Wirklichkeit teilen wir "the middle of nowhere" mit ziemlich vielen Leuten. Heute habe ich mein Paradies gefunden: nur ein wenig höher als unser Haus gelegen führt ein Sträßlein zu eben diesem Weiler, mitten durch die Natur, in die ich glaubte, gezogen zu sein, die sich dann eben voller Nachbarn entpuppte. Dort oben ist nichts außer Ginster, Felsen, Wasserfällen, Eichen und mickrigeren Bäumen, von Erdrutschen in Mitleidenschaft gezogenen Straßen, zum Teil ungepflastert, einem Steinbruch und herzigen wilden Blumen. Es gibt eine Quelle, die ein wenig oberhalb der Straße liegt, zu der man hochsteigt wie zu einem buddhistischen Tempel, unten an der Straße stehen Weiden und prall gefüllte Orangen- und Mandarinenbäume. Das ist die Oase in diesem von Gott und den Menschen verlassenen Abschnitt. Der Weiler, in dem noch drei Häuser bewohnt werden, heißt auf Deutsch "Verteidigung". Die 4x4 Pandas, mit denen hier alle fahren, haben extremes Profil an den Reifen, die Schuhe des Kindes vor dem Haus, das wir suchen, sind schlammig, es fährt stolz mit einem kleinen Fahrrad, das noch aus der Zeit seines Vaters zu stammen scheint. Die Mutter des Mannes erzählt uns, dass sie die Ofenrohre des Holzherdes putzt, was sie einmal im Monat tun muss, da die Rohre Kurven machten und sich dort Schmutz ablagert. Der Mann selbst ist "etwas erledigen", und seine Frau weiß nicht, ob er (mittags, nehme ich an) nach Hause komme. Obwohl es ganz ungewöhnlich ist, dass dieser Mann nicht erreichbar ist, da in Italien doch immer alle höchst wichtig an ihren zahlreichen Mobiltelefonen zu Gange sind, passt hier alles zusammen. Wir sind nur zehn oder fünfzehn Minuten von der Staatsstraße und gleichzeitig etwa fünfzig Jahre von dem raschen Leben dort entfernt.
An den Fenstern hängen getrocknete Paprikaschoten, ein freundlicher Sonnenschein versucht die seit Tagen aufgeweichte Erde zu trocknen. Der Wortoutput der Italiener sinkt mit steigenden Höhenmetern. Während in den Städten alle dauernd reden, wird in Hügelhöhe nur noch anfallsartig losgekreischt. Hier, wo man durchaus von Bergen reden kann, werden wir nicht zugetextet, sondern zuerst mißtrauisch begutachtet und dann interessiert eingeladen.
Unser Obermaurer stammt, glaube ich, aus diesem Weiler. Als er einen Lokalaugenschein für seinen Kostenvoranschlag in unserem Haus vornahm, habe ich ihn erst für einen Zeugen Jehovas gehalten. Später habe ich erfahren, dass er tatsächlich als Kind in einer Klosterschule war und Priester hätte werden sollen. Aber dann ist er Maurer geworden. Es müssen die Steine sein. Entweder man hasst sie, oder man liebt sie. Ich weiß aber nicht, ob ihm das klar ist, dass er Steine liebt.
Ich jedenfalls fühle mich besser aufgehoben. Ich mag es, wenn nicht offensichtlich alles zugeordent ist. Früher, als ich Gegenden bereiste, die ich gerne zu meiner Heimat gemacht hätte, wenn auch nur vorübergehend, habe ich mir immer die Frage gestellt, ob das Land den Menschen gehört, die es besitzen, oder denen, die es lieben. Ich weiß, nicht zuletzt aufgrund eines gescheiterten Kaufvertrags, dass alles besessen und alles aufgeteilt ist. Aber heute fühle ich seit langer Zeit wieder die Freiheit, ein Stück Land zu lieben und es als mir zugehörig zu empfinden.
P.S.: Manches wird aber erstaunlicherweise nicht besessen: in der Nähe unseres Hauses gibt es ein altes kleines Haus mit vermutlich umwerfendem Meerblick, das zwei Schwestern, zwei Lehrerinnen gehört hat, die beide seit etwa zwanzig Jahren gestorben sind. Heute weiß man nicht, zumindest erzählen das die Nachbarn, wem das Haus gehört, man kann es also weder kaufen noch verkaufen. Leider ist vor kurzem das Dach eingestürzt. Sicherlich gehört das Haus jemandem, es kümmert sich einfach niemand darum.
Dann fahren wir in einen kleinen Weiler, ein paar Minuten entfernt, in dem der Mann wohnt, der im Sommer unseren Garten mit seinem Traktor umgegraben hat, und dem wir noch von damals Geld schulden. Seit kein Klo mehr in unserem Haus ist, habe ich die Natur der Umgebung studiert, und zu meinem Entstetzen festgestellt, dass alles, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so wirkt, bewirtschaftetes Land ist. Und dass überall Menschen wohnen. In Wirklichkeit teilen wir "the middle of nowhere" mit ziemlich vielen Leuten. Heute habe ich mein Paradies gefunden: nur ein wenig höher als unser Haus gelegen führt ein Sträßlein zu eben diesem Weiler, mitten durch die Natur, in die ich glaubte, gezogen zu sein, die sich dann eben voller Nachbarn entpuppte. Dort oben ist nichts außer Ginster, Felsen, Wasserfällen, Eichen und mickrigeren Bäumen, von Erdrutschen in Mitleidenschaft gezogenen Straßen, zum Teil ungepflastert, einem Steinbruch und herzigen wilden Blumen. Es gibt eine Quelle, die ein wenig oberhalb der Straße liegt, zu der man hochsteigt wie zu einem buddhistischen Tempel, unten an der Straße stehen Weiden und prall gefüllte Orangen- und Mandarinenbäume. Das ist die Oase in diesem von Gott und den Menschen verlassenen Abschnitt. Der Weiler, in dem noch drei Häuser bewohnt werden, heißt auf Deutsch "Verteidigung". Die 4x4 Pandas, mit denen hier alle fahren, haben extremes Profil an den Reifen, die Schuhe des Kindes vor dem Haus, das wir suchen, sind schlammig, es fährt stolz mit einem kleinen Fahrrad, das noch aus der Zeit seines Vaters zu stammen scheint. Die Mutter des Mannes erzählt uns, dass sie die Ofenrohre des Holzherdes putzt, was sie einmal im Monat tun muss, da die Rohre Kurven machten und sich dort Schmutz ablagert. Der Mann selbst ist "etwas erledigen", und seine Frau weiß nicht, ob er (mittags, nehme ich an) nach Hause komme. Obwohl es ganz ungewöhnlich ist, dass dieser Mann nicht erreichbar ist, da in Italien doch immer alle höchst wichtig an ihren zahlreichen Mobiltelefonen zu Gange sind, passt hier alles zusammen. Wir sind nur zehn oder fünfzehn Minuten von der Staatsstraße und gleichzeitig etwa fünfzig Jahre von dem raschen Leben dort entfernt.
An den Fenstern hängen getrocknete Paprikaschoten, ein freundlicher Sonnenschein versucht die seit Tagen aufgeweichte Erde zu trocknen. Der Wortoutput der Italiener sinkt mit steigenden Höhenmetern. Während in den Städten alle dauernd reden, wird in Hügelhöhe nur noch anfallsartig losgekreischt. Hier, wo man durchaus von Bergen reden kann, werden wir nicht zugetextet, sondern zuerst mißtrauisch begutachtet und dann interessiert eingeladen.
Unser Obermaurer stammt, glaube ich, aus diesem Weiler. Als er einen Lokalaugenschein für seinen Kostenvoranschlag in unserem Haus vornahm, habe ich ihn erst für einen Zeugen Jehovas gehalten. Später habe ich erfahren, dass er tatsächlich als Kind in einer Klosterschule war und Priester hätte werden sollen. Aber dann ist er Maurer geworden. Es müssen die Steine sein. Entweder man hasst sie, oder man liebt sie. Ich weiß aber nicht, ob ihm das klar ist, dass er Steine liebt.
Ich jedenfalls fühle mich besser aufgehoben. Ich mag es, wenn nicht offensichtlich alles zugeordent ist. Früher, als ich Gegenden bereiste, die ich gerne zu meiner Heimat gemacht hätte, wenn auch nur vorübergehend, habe ich mir immer die Frage gestellt, ob das Land den Menschen gehört, die es besitzen, oder denen, die es lieben. Ich weiß, nicht zuletzt aufgrund eines gescheiterten Kaufvertrags, dass alles besessen und alles aufgeteilt ist. Aber heute fühle ich seit langer Zeit wieder die Freiheit, ein Stück Land zu lieben und es als mir zugehörig zu empfinden.
P.S.: Manches wird aber erstaunlicherweise nicht besessen: in der Nähe unseres Hauses gibt es ein altes kleines Haus mit vermutlich umwerfendem Meerblick, das zwei Schwestern, zwei Lehrerinnen gehört hat, die beide seit etwa zwanzig Jahren gestorben sind. Heute weiß man nicht, zumindest erzählen das die Nachbarn, wem das Haus gehört, man kann es also weder kaufen noch verkaufen. Leider ist vor kurzem das Dach eingestürzt. Sicherlich gehört das Haus jemandem, es kümmert sich einfach niemand darum.
Freitag, 5. Februar 2010
Just a perfect day
Aus verschiedenen Gründen haben meine Kinder ein Verhältnis zur Religion, das erst seit kurzer Zeit besteht. Das führt zu erstaunlichen Unsicherheiten. Ein Kind fragt, angesichts eines Projekts in der Schule, das seiner Meinung nach "Anna Franka" heißt, ob wir Juden seien. Ein anderes Kind gesteht, dass es Jesus nicht einmal in seinem Herzen hört. Das kann ich gut verstehen, aber nach angemessenem Schweigen meine ich, für den Anfang sei es vielleicht schon genug, dass Jesus das Kind höre. Das Kind sagt, es hätte gebetet, für ein anderes Kind, das sich in der Schule den Kopf an einem Heizungskörpe blutig geschlagen hätte und dafür, dass die Puppe, die sich das Kind zum Geburtstag wünscht, eine Prinzessin sei. Ob Jesus Puppen zum Sprechen bringen könne? Ich denke an Pinocchio und sage nicht, dass ich glaube, Jesus interessiert sich nicht für Puppen . Dann sage ich, ich hätte gehört , dass Jesus Kranke heilte und aus Wasser Wein gemacht hätte und ich wisse nicht, wie er es mit Puppen halte.
MM musste heute auf das Begräbnis von Zio Luigi, was unseren Tagesablauf durcheinander gebracht hat. Ich war dankbar, dass ich trotz eingesprungenem Doppelaxel der Babysitterin nicht auf das Begräbnis gehen konnte. Begräbnisse hierzulande sind für mich so bewegend, dass ich anschließend eine Woche Krankenstand brauche. Noch dazu war Zio Luigi wirklich eine außergewöhnliche Person, und ich möchte ihn und nicht sein Begräbnis in Erinnerung behalten. Nachdem ich bei dem Begräbnis einer Tante von MM von der Familie zu einem Weinen angeregt wurde, das meiner Meinung nach unverhältnismäßig war, habe ich beschlossen, Begräbnisse und Hochzeiten auszulassen, obwohl ich das nicht super von mir finde. Sobald ich gelernt habe, weniger als die Witwe zu schluchzen, gehe ich wieder auf Begräbnisse.
Angesichts dieses Ereignisses fragte das Kind mehrmals, ob MM dem Zio Blumen gebracht hätte. Da wir uns darauf geeinigt haben, dass Verstorbene im Himmel sind, weilt jetzt auch Zio Luigi dort, was für uns sehr angenehm ist. In Süditalien findet ein Begräbnis innerhalb von 24 Stunden nach dem Tod statt, in diesen 24 Stunden kommen dann alle Verwandten und Bekannten und halten Wache neben dem Toten. Dann gibt es eine Messe und danach wird der Tote ziemlich unspektakulär in ein kleines Häuschen geschoben, denn aus mir nicht bekannten Gründen kommen hier die Toten nicht unter die Erde, auf dass sie zu Staube zerfallen können, sondern sie tun das in ihren kleinen Kojen. Wenn meine aus dem deutschprachigen Raum stammenden Freundinnen die Friedhöfe hier sehen, denken sie an kleine Puppenstädte, die der eigentlichen Stadt vorgelagert sind.
Da wir Zio Luigi noch am Sonntag gesehen haben, als er sich beklagte, dass er nicht sterben könne, fügt sich sein Tod wie ein Resultat in diese Woche ein, dass er nicht mehr ist, ist sicherlich ein Verlust.
Und all unsere Verluste werden annulliert durch die Zeit, die alles braucht, das wir zu tun haben, in der wir keinen Verlust, keinen Mangel spüren und nur darauf hinarbeiten, zu erreichen, was wir wollten, auch wenn diese Errungenschaften banaler nicht sein könnten: ich stehe 45 Min in der Post an, um 23 Euro für den Schulbus zu zahlen (war bis jetzt gratis) und 28 Euro für den Strom in unserem neuen Haus (da waren die Maurer mit ihren Presslufthammern und ihren Zementmischmaschinen und ihren Grubenlichtern doch recht sparsam). Zwei Menschen stehen hinter mir an, als eine Klosterschwester die Post betritt und erfreut auf eine Frau zueilt, die weiter vorne in der Reihe steht. Die beiden plaudern angeregt über Katechismus und Scouts, wie in Italien die Pfadfinder genannt werden, und die Klosterschwester kommt entsprechend früher an die Reihe, weil sie ihren Posten natürlich nicht aufgibt. Kein Mensch zuckt mit der Wimper. Ich stelle mir die selbe Szene mit einem afrikanischen Arbeiter vor.
Und dennoch liebe ich heute unseren neuen Ort hemmunsglos. Alles gelingt. Ich warte zwar 45 Minuten auf die Einzahlung, aber ich kann sie machen, es stürzt nicht eine Minute vorher das gesamte Betriebssystem der italienischen Post ab. Ich gehe in den Laden gegenüber, um eine Fotokopie für den Schulbusfahrer zu machen und außer dass die Kopie schief ist, geschieht nichts Furchterregendes. Ich protestiere im Supermarkt, dass mir diePreissenkung für den Ricotta nicht angerechnet wurde und der Mann an der Kasse gibt mir 76 Cent, auch ohne mit der Wimper zu zucken und vor allem, ohne mir das Gefühl zu geben, ich sei eine notorische Querulantin. Vor der Schmiedewerkstatt steht das Fiorino-Auto unseres braven Obermaurers, der versprochen hat, dem Schmied zu erklären, wie die Eisen für die Balkone gemacht werden sollen. Das haut mich um, ersten weil wir schon bei den Eisen für die Balkone sind, und zweitens weil es einen Menschen gibt, der macht, was er zugesagt hat. Gibt es einen Nobelpreis für Zuverlässigkeit? Nein, Nobelpreise will ich seit Obama nicht mehr.
Meinem Versuch, die Tickets für die Schulmensa zu kaufen, gehen zwar drei Rundfahrten durch den Stadtkern auf Parkplatzsuche voraus, aber dann gelingt mir auch dieses Unterfangen nach kurzer Wartezeit, was ich als Meilenstein in meiner persönlichen Geschichte verbuche, denn die Öffnunsgzeiten des Schalters sind gewiss nicht berufstätigen Menschen angepasst.
In der Apotheke wird das Teebaumöl bestellt und ist (angeblich) am selben Nachmittag da, heute ist einfach alles großartig und gekrönt wird dieser perfect day von der Tatsache, dass ich bei den vielen Kilometern, die ich dem Schulweg des Kindes zuliebe zurücklege, zweimal den gehenden Mann sehe, einmal um 11:28, da ist der auf dem Weg zu Wallfahrtsort und einmal um 14:15, zurück vom Wallfahrtsort, er bleibt auf der Straße stehen, um sich eine Zigarette anzuzünden. "Wie alt er aussieht!" stellt das Kind mit der Weisheit von Siebenjährigen fest. Er ist eben nicht alt, er sieht nur so aus. Warum eigentlich? Ich finde es fast infam, dass er sein Gehen unterbricht, um rauchen zu können, finde es ohnehin grauslich, dass er im Gehen raucht. Und dabei denke ich heute das erste Mal nach fast elf Jahren Nichtrauchen, dass ich wieder rauchen werde. Unser Haus wird fertig sein und ich werde den Gemüsegarten bestellt haben. Und abends, wenn das Licht weniger wird, was in unserer Lage früh ist (dafür gibt es Morgensonne, die wirklich nur von Menschen mit Schulkindern genossen werden kann), werde ich mich in die Wiese setzen und rauchen. Ich werde auf den Hafen schauen und jede Art von Sehnsucht wegblasen.
MM musste heute auf das Begräbnis von Zio Luigi, was unseren Tagesablauf durcheinander gebracht hat. Ich war dankbar, dass ich trotz eingesprungenem Doppelaxel der Babysitterin nicht auf das Begräbnis gehen konnte. Begräbnisse hierzulande sind für mich so bewegend, dass ich anschließend eine Woche Krankenstand brauche. Noch dazu war Zio Luigi wirklich eine außergewöhnliche Person, und ich möchte ihn und nicht sein Begräbnis in Erinnerung behalten. Nachdem ich bei dem Begräbnis einer Tante von MM von der Familie zu einem Weinen angeregt wurde, das meiner Meinung nach unverhältnismäßig war, habe ich beschlossen, Begräbnisse und Hochzeiten auszulassen, obwohl ich das nicht super von mir finde. Sobald ich gelernt habe, weniger als die Witwe zu schluchzen, gehe ich wieder auf Begräbnisse.
Angesichts dieses Ereignisses fragte das Kind mehrmals, ob MM dem Zio Blumen gebracht hätte. Da wir uns darauf geeinigt haben, dass Verstorbene im Himmel sind, weilt jetzt auch Zio Luigi dort, was für uns sehr angenehm ist. In Süditalien findet ein Begräbnis innerhalb von 24 Stunden nach dem Tod statt, in diesen 24 Stunden kommen dann alle Verwandten und Bekannten und halten Wache neben dem Toten. Dann gibt es eine Messe und danach wird der Tote ziemlich unspektakulär in ein kleines Häuschen geschoben, denn aus mir nicht bekannten Gründen kommen hier die Toten nicht unter die Erde, auf dass sie zu Staube zerfallen können, sondern sie tun das in ihren kleinen Kojen. Wenn meine aus dem deutschprachigen Raum stammenden Freundinnen die Friedhöfe hier sehen, denken sie an kleine Puppenstädte, die der eigentlichen Stadt vorgelagert sind.
Da wir Zio Luigi noch am Sonntag gesehen haben, als er sich beklagte, dass er nicht sterben könne, fügt sich sein Tod wie ein Resultat in diese Woche ein, dass er nicht mehr ist, ist sicherlich ein Verlust.
Und all unsere Verluste werden annulliert durch die Zeit, die alles braucht, das wir zu tun haben, in der wir keinen Verlust, keinen Mangel spüren und nur darauf hinarbeiten, zu erreichen, was wir wollten, auch wenn diese Errungenschaften banaler nicht sein könnten: ich stehe 45 Min in der Post an, um 23 Euro für den Schulbus zu zahlen (war bis jetzt gratis) und 28 Euro für den Strom in unserem neuen Haus (da waren die Maurer mit ihren Presslufthammern und ihren Zementmischmaschinen und ihren Grubenlichtern doch recht sparsam). Zwei Menschen stehen hinter mir an, als eine Klosterschwester die Post betritt und erfreut auf eine Frau zueilt, die weiter vorne in der Reihe steht. Die beiden plaudern angeregt über Katechismus und Scouts, wie in Italien die Pfadfinder genannt werden, und die Klosterschwester kommt entsprechend früher an die Reihe, weil sie ihren Posten natürlich nicht aufgibt. Kein Mensch zuckt mit der Wimper. Ich stelle mir die selbe Szene mit einem afrikanischen Arbeiter vor.
Und dennoch liebe ich heute unseren neuen Ort hemmunsglos. Alles gelingt. Ich warte zwar 45 Minuten auf die Einzahlung, aber ich kann sie machen, es stürzt nicht eine Minute vorher das gesamte Betriebssystem der italienischen Post ab. Ich gehe in den Laden gegenüber, um eine Fotokopie für den Schulbusfahrer zu machen und außer dass die Kopie schief ist, geschieht nichts Furchterregendes. Ich protestiere im Supermarkt, dass mir diePreissenkung für den Ricotta nicht angerechnet wurde und der Mann an der Kasse gibt mir 76 Cent, auch ohne mit der Wimper zu zucken und vor allem, ohne mir das Gefühl zu geben, ich sei eine notorische Querulantin. Vor der Schmiedewerkstatt steht das Fiorino-Auto unseres braven Obermaurers, der versprochen hat, dem Schmied zu erklären, wie die Eisen für die Balkone gemacht werden sollen. Das haut mich um, ersten weil wir schon bei den Eisen für die Balkone sind, und zweitens weil es einen Menschen gibt, der macht, was er zugesagt hat. Gibt es einen Nobelpreis für Zuverlässigkeit? Nein, Nobelpreise will ich seit Obama nicht mehr.
Meinem Versuch, die Tickets für die Schulmensa zu kaufen, gehen zwar drei Rundfahrten durch den Stadtkern auf Parkplatzsuche voraus, aber dann gelingt mir auch dieses Unterfangen nach kurzer Wartezeit, was ich als Meilenstein in meiner persönlichen Geschichte verbuche, denn die Öffnunsgzeiten des Schalters sind gewiss nicht berufstätigen Menschen angepasst.
In der Apotheke wird das Teebaumöl bestellt und ist (angeblich) am selben Nachmittag da, heute ist einfach alles großartig und gekrönt wird dieser perfect day von der Tatsache, dass ich bei den vielen Kilometern, die ich dem Schulweg des Kindes zuliebe zurücklege, zweimal den gehenden Mann sehe, einmal um 11:28, da ist der auf dem Weg zu Wallfahrtsort und einmal um 14:15, zurück vom Wallfahrtsort, er bleibt auf der Straße stehen, um sich eine Zigarette anzuzünden. "Wie alt er aussieht!" stellt das Kind mit der Weisheit von Siebenjährigen fest. Er ist eben nicht alt, er sieht nur so aus. Warum eigentlich? Ich finde es fast infam, dass er sein Gehen unterbricht, um rauchen zu können, finde es ohnehin grauslich, dass er im Gehen raucht. Und dabei denke ich heute das erste Mal nach fast elf Jahren Nichtrauchen, dass ich wieder rauchen werde. Unser Haus wird fertig sein und ich werde den Gemüsegarten bestellt haben. Und abends, wenn das Licht weniger wird, was in unserer Lage früh ist (dafür gibt es Morgensonne, die wirklich nur von Menschen mit Schulkindern genossen werden kann), werde ich mich in die Wiese setzen und rauchen. Ich werde auf den Hafen schauen und jede Art von Sehnsucht wegblasen.
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Dienstag, 2. Februar 2010
Sprengen!
Eigentlich bin ich eine Frau, die morgens hasst und sich im Lauf des Tages beruhigt. Es gibt aber Tage, an denen der Unmut sich während des Tages stets vergrößert, so dass dann abends nur noch der Wunsch nach Sprengung besteht. Vielleicht liegt diese Umkehrung daran, dass ich an diesen Tagen länger schlafe und daher die sechs Uhr Nachrichten versäume. Heute habe ich einen wunderbaren Vormittag mit meinem Kind verbracht, dass sich heldenhaft einer peinlichen Untersuchung seines Geschlechtsteils unterzog, die ein Arzt vornahm, der zu denen gehört, "die einen nicht einmal anschauen". Der Stoizisimus des Kindes überwog aber bei weitem den Abscheu, den der Arzt erzeugte und wir belohnten uns mit einer größeren Ausgabe in der Buchhandlung und einem anschließenden Besuch auf dem Spielplatz, einem dieser höchstens nachts von heroinsüchtigen Menschen frequentierten Orte. Ich entdeckte das Vergnügen, auf wackelnden Holzbalken zu gehen, die Freude, das Kind auf der Schaukel hochhüpfen zu lassen und dabei das Gefühl für meine Oberschenkel wiederzugewinnen, erinnerte mich daran, wie es war hoch zu schaukeln, wofür meine Beine komischerweise zu lang sind, obwohl sie das in Wirklichkeit nicht sind, und die Seligkeit auf einem Ringelspiel oder wie das heute heißt, die Augen zu schließen und immer orange zu sehen, wenn die Sonne aufs Gesicht kommt. Mit diesen freundlichen Gefühlen holten wir die anderen Kinder von der Schule ab und ab da ging's los. "Mamma hat euch ein Geschenk gemacht!" (Comix von Dragonball), Kind 2 sieht sofort die Unwürdigkeit ein, beschenkt zu werden: "Du musst aber etwas unterschreiben, weil ich nämlich vergessen habe, dir zu sagen, dass ich gestern Geometrie hätte lernen müssen."
Jetzt, nachdem dieser Tag überstanden ist, frage ich mich, wieso mich das aus der Bahn geworfen hat, aber in dem Moment war ich hochgradig verärgert, mehr, weil mein Plan aus dem Ruder lief. Wie soll ich einem Kind, das nicht Geometrie gelernt hat, Dragonballcomix schenken, was mach ich jetzt und wie gehe ich mit der Enttäuschung des Kindes um. Was ich hätte unterschreiben sollen, fand sich aber nicht mehr in der Schultasche, daher musste ich die Mathematiklehererin anrufen, die ich eigentlich hätte anschreien wollen, wieso sie mir meinen Tag so vergällen will. Mittlerweile hatte ich erfahren, dass alle Kinder in der Klasse den selben Verweis bekommen hatten, halb so wild also. Die Lehrerin ist eigentlich ok und ich habe sie nicht angeschrien. Das hätte sie sich wahrscheinlich auch nicht gefallen lassen. Das Kind war recht gelb im Gesicht. In meiner langen Rede über die Sinnhaftigkeit von Gedächntnis, Mitteilungsheften und dem Lernen von Geometrie kam auch der Satz vor, dass er, wenn es ihn schon nicht interessierte, bitte immerhin für uns lernen sollte, denn wir (sein Vater) würden ihm den Sonntag zu Verfügung stellen für diese (Scheiß-) Drei- und Vierecke, die er dann am nächsten Tag nicht wiederholte. Aus zwei Gründen hat mich der Gipfel meiner Rede sehr zufrieden gestellt: 1) war ich selbst in der Schule sehr schlecht in Geometrie, konnte keinen geraden Strich mit einem Lineal machen und merke mir bis heute nicht die Namen der Formen - daher alle Schuld der Geometrie an sich und 2) erinnerte ich mich an die Aussage eine Freundin, die ihren Kindern erklärte, sie würden schließlich nicht für die Eltern, sondern für sich selbst lernen, worauf die Mutter der Freundin, eine pensionierte Lehrerin, ihr erklärte, dass Kinder nicht für sich selbst lernen wollten, sondern eventuell, um ihren Eltern eine Freude zu machen.
Dieser Schachzug funktionierte, das Herz des Kindes wurde weich, es entschuldigte sich und weinte ein paar bittere Tränen in meine Achsel. Wegen der Gemeinheit der Romben und Parallelogramme oder weil der arme Papa so viel Zeit investiert hatte oder wegen dem verlorenen Dragonball werden wir nicht erfahren.
Beim Versuch, den Lernstoff nachzuholen, stellte sich heraus, dass auch das Geometrieheft, ebenso wie das Mitteilungsheft verschwunden war und als Schuldige wurde Schulkollegin Maria Rita genannt, die alles in ihre Schultasche gepackt hat. Ärger! Maria Rita hatte also meine Grundlage in ihrer Schultasche und ich versuchte mühsam mein Unwissen über die Benennung gewisser Winkel zu verbergen. Als Resümee dieses Tages kann ich sagen: ich kenne jeden Winkel, habe, glaube ich, endlich verstanden, was ein Trapez ist, habe zwei Gedichte auf italienisch auswendig gelernt, eines handelt vom Schnee, der weich und ohne Eile fällt, das andere von der Natur, die, weil sie nicht respektiert wird, ihre Scherze mit den Menschen treibt.
Ich habe mein Wissen über Vulkane bereichert und endlich begriffen, was ein complemento diretto (Frage: wer, was?) und ein complemento indiretto (mit Präposition) ist.
Der Arzt hat mir gesagt, dass das Kind operiert werden soll, was ich seit der letzten Erfarhung mit der Leber des andereb Kindes gelassen aufnehme. MM hat mit gesagt, dass das Zeugnis des Kindes, das meiner Meinung nach ein Genie ist, gar nicht genial ausfällt, was mich zum Weinen bringt.
Ich habe gehört, dass die Kinder meiner Freundin aus Rom hier sind und jeden Nachmittag schifahren, während ich meinen androhe, dass, wenn sie nicht mehr lernen, sitzen bleiben werden. In Italien sind nämlich keine Ferien.
MM kommt blass und gleichzeitig braun gebrannt von der Baustelle und in mir lodert die Eifersucht: Sonne, Menschen, Mittagspause mit Hulk genannten Maurern, Olivenbäume stutzen, wichtige Gespräche mit dem Obermaurer führen. Das alles wird nicht aufgewogen von der Buchhandlung, der Sonne auf dem Spielplatz, den Telefonaten mit der Mathematiklehrerin, dem von Nonna gekochtem Sugo auf der Pasta, anstelle der Panini, die mein Mann neben Hulk verzehrte. Möglicherweise bin ich nicht so arm, sondern selbstmitleidig und Tage, an denen ich die Erhaltung meiner Familie im konkreten Sinn als Hauptarbeit ansehen muss, entsetzen mich zutiefst. Daher setze ich zur Sprengung an: 1) das Gesundheitsambulatorium, 2) die Schule, 3) Maria Ritas Schultasche, 4) das Haus, in dem wir jetzt noch wohnen, auf dass das neue möglichst bald fertig wird.
Jetzt, nachdem dieser Tag überstanden ist, frage ich mich, wieso mich das aus der Bahn geworfen hat, aber in dem Moment war ich hochgradig verärgert, mehr, weil mein Plan aus dem Ruder lief. Wie soll ich einem Kind, das nicht Geometrie gelernt hat, Dragonballcomix schenken, was mach ich jetzt und wie gehe ich mit der Enttäuschung des Kindes um. Was ich hätte unterschreiben sollen, fand sich aber nicht mehr in der Schultasche, daher musste ich die Mathematiklehererin anrufen, die ich eigentlich hätte anschreien wollen, wieso sie mir meinen Tag so vergällen will. Mittlerweile hatte ich erfahren, dass alle Kinder in der Klasse den selben Verweis bekommen hatten, halb so wild also. Die Lehrerin ist eigentlich ok und ich habe sie nicht angeschrien. Das hätte sie sich wahrscheinlich auch nicht gefallen lassen. Das Kind war recht gelb im Gesicht. In meiner langen Rede über die Sinnhaftigkeit von Gedächntnis, Mitteilungsheften und dem Lernen von Geometrie kam auch der Satz vor, dass er, wenn es ihn schon nicht interessierte, bitte immerhin für uns lernen sollte, denn wir (sein Vater) würden ihm den Sonntag zu Verfügung stellen für diese (Scheiß-) Drei- und Vierecke, die er dann am nächsten Tag nicht wiederholte. Aus zwei Gründen hat mich der Gipfel meiner Rede sehr zufrieden gestellt: 1) war ich selbst in der Schule sehr schlecht in Geometrie, konnte keinen geraden Strich mit einem Lineal machen und merke mir bis heute nicht die Namen der Formen - daher alle Schuld der Geometrie an sich und 2) erinnerte ich mich an die Aussage eine Freundin, die ihren Kindern erklärte, sie würden schließlich nicht für die Eltern, sondern für sich selbst lernen, worauf die Mutter der Freundin, eine pensionierte Lehrerin, ihr erklärte, dass Kinder nicht für sich selbst lernen wollten, sondern eventuell, um ihren Eltern eine Freude zu machen.
Dieser Schachzug funktionierte, das Herz des Kindes wurde weich, es entschuldigte sich und weinte ein paar bittere Tränen in meine Achsel. Wegen der Gemeinheit der Romben und Parallelogramme oder weil der arme Papa so viel Zeit investiert hatte oder wegen dem verlorenen Dragonball werden wir nicht erfahren.
Beim Versuch, den Lernstoff nachzuholen, stellte sich heraus, dass auch das Geometrieheft, ebenso wie das Mitteilungsheft verschwunden war und als Schuldige wurde Schulkollegin Maria Rita genannt, die alles in ihre Schultasche gepackt hat. Ärger! Maria Rita hatte also meine Grundlage in ihrer Schultasche und ich versuchte mühsam mein Unwissen über die Benennung gewisser Winkel zu verbergen. Als Resümee dieses Tages kann ich sagen: ich kenne jeden Winkel, habe, glaube ich, endlich verstanden, was ein Trapez ist, habe zwei Gedichte auf italienisch auswendig gelernt, eines handelt vom Schnee, der weich und ohne Eile fällt, das andere von der Natur, die, weil sie nicht respektiert wird, ihre Scherze mit den Menschen treibt.
Ich habe mein Wissen über Vulkane bereichert und endlich begriffen, was ein complemento diretto (Frage: wer, was?) und ein complemento indiretto (mit Präposition) ist.
Der Arzt hat mir gesagt, dass das Kind operiert werden soll, was ich seit der letzten Erfarhung mit der Leber des andereb Kindes gelassen aufnehme. MM hat mit gesagt, dass das Zeugnis des Kindes, das meiner Meinung nach ein Genie ist, gar nicht genial ausfällt, was mich zum Weinen bringt.
Ich habe gehört, dass die Kinder meiner Freundin aus Rom hier sind und jeden Nachmittag schifahren, während ich meinen androhe, dass, wenn sie nicht mehr lernen, sitzen bleiben werden. In Italien sind nämlich keine Ferien.
MM kommt blass und gleichzeitig braun gebrannt von der Baustelle und in mir lodert die Eifersucht: Sonne, Menschen, Mittagspause mit Hulk genannten Maurern, Olivenbäume stutzen, wichtige Gespräche mit dem Obermaurer führen. Das alles wird nicht aufgewogen von der Buchhandlung, der Sonne auf dem Spielplatz, den Telefonaten mit der Mathematiklehrerin, dem von Nonna gekochtem Sugo auf der Pasta, anstelle der Panini, die mein Mann neben Hulk verzehrte. Möglicherweise bin ich nicht so arm, sondern selbstmitleidig und Tage, an denen ich die Erhaltung meiner Familie im konkreten Sinn als Hauptarbeit ansehen muss, entsetzen mich zutiefst. Daher setze ich zur Sprengung an: 1) das Gesundheitsambulatorium, 2) die Schule, 3) Maria Ritas Schultasche, 4) das Haus, in dem wir jetzt noch wohnen, auf dass das neue möglichst bald fertig wird.
Samstag, 30. Januar 2010
I'm sooo tired, I haven't slept a lot
Wie bekannt, beginnt mein Ärger um sechs Uhr morgens, wenn ich im Radio höre, dass die Italiener ein geringeres Durchschnittsgehalt als andere Bürger der OSZE Staaten haben. Dafür zahlen sie aber mehr Steuern und andere Abgaben, wie eben das "Ticket" bei ärztlichen Untersuchungen. In Italien ist praktisch nichts gratis oder inklusive, deshalb versuchen a) alle, was zu ergattern, b) alle, schlau zu sein c) alle, das System auszutricksen. Sehr wenige haben anderes zu tun und freuen sich dann über zufälligerweise geringe Kosten. Das sind wir. Unsere kleine Straße, die von der anderen kleinen Hügelstraße zu unserem Haus führt, wurde vor kurzem von einem Bagger vergrößert, indem er den Wildwuchs aus Wäldern und Wiesen entfernte. Der erbauliche Effekt entstand, dass wenn zwei Autos sich entgegenkommen, nicht mehr ein Auto zwangsläufig hundert Meter zu einer Ausweiche zurückschieben muss, sondern zwei Autos an manchen Stellen einfach passieren können. Dadurch werden manche Autofahrer einer gewissen Allmacht beraubt ("Moment, ich schieb zurück, ich kann das besser, ich kenn mich aus, Kleine!"), aber auch ein Gefühl von sozialem Leben geht verloren ("Danke, du bist echt nett, war super!"). Vor ein paar Tagen wurde ein Nachbar vorstellig und fragte MM, ob er sich an den Kosten für diese Verbreiterung und andere Verbesserungen (Schlaglöcher flicken, die man sportlich vermeiden wollte und dann doch mit einem Hinterrad hineinkrachte), beteiligen wolle. Der Anteil beträgt 50 Euro. Es muss viele Nachbarn geben, die da mitzahlen. Ja, wir bezahlen gerne 50 Euro für eine schöne Privatstraße, die wir mit anderen Nachbarn teilen.
Ich denke oft darüber nach, warum ich so gerne zu unserem Haus fahre, zu dieser unglaublichen Baustelle, in the middle of nowhere. Ich denke darüber nach, weil ich Angst habe, dass es aufhört. Im Moment habe ich dort nichts, außer meiner ADSL-Leitung, die nach fünf Monaten funktioniert und einem Telefon und Arbeitskleidung. Das, was uns gefallen hat, das Pittoreske, wird unserem Projekt, ein interessantes, lebenswertes und ökologisch vertretbares Haus zu schaffen, geopfert. Gewisse private Versatzstücke leisten Widerstand und werden von einem Ort zum anderen geschoben. Ein Bügelbrett der Vorbesitzerin zum Beispiel, das aus unverständlichen Gründen nie weggeräumt wurde, dient im Moment als Ablage für die bunten Thermostaschen , in denen die Maurer ihr Mittagessen und ihr Jause mitbringen. Eine Flüssigseife, die ich gekauft habe, stand auf einer Waschschüssel, die irgendwann abgebaut wurde, dann wurde sie auf die Treppe gestellt, die Treppe wurde jetzt aber verändert, weil eben ausgeglichen, und ich frage mich, wo die Flüssigseife hingekommen ist. Die Maurer fragen sich wahrscheinlich, wieso ich diese Flüssigseife nicht weggeräumt habe, aber in all dieser Veränderung, dieser Zerstörung, stand ich Flüssigseifen und Bügelbrettern und vor allem einer Plastikpflanze der Vorbesitzer entwaffnet gegenüber. Machtlos verfolgte ich, wie diese ihren Standort wechselten, dabei hätte ich zumindest die Plastikpflanze wirklich gern weggeschmissen. Aber die Tatsache, dass sie von einem Ort zum anderen übersiedelt wurde, gab ihr eine Lebensberechtigung. So wie der Apfelbaum mit den ungenießbaren Äpfeln, den MM abgesägt hat. Das war der härteste Schlag. Immerhin war es ein Baum. Aus den Äpfeln hätte ich schon was gemacht. "Er hat geblüht!" werfe ich MM vorwurfsvoll entgegen. Die Küche des Kindes (Alte Töpfe der Vorbesitzerin, mit denen das Kind hemmunsglos herumpritscheln konnte), wo ist die jetzt? Auch sie ist Teil der Versatzstücke, die von einem Ort zum anderen wanderten. Und wo bin ich in dem Ganzen? Pan Tau-artig versuche ich mich durch die Baustelle zu bewegen und schaffe es doch immer, einem eben gesetzten Türrahmen einen Tritt zu versetzen oder mir Zement ins Gesicht schleudern zu lassen. Eine Bekannte erzählt mir heute verständnsivoll von ihren Erfahrungen mit einer Baustelle: sie hätte immer ein paar Schuhe für die Baustelle im Auto gehabt (angesichts ihrer perfekten hochhackigen Lackschuhe durchaus verständlich) und hätte den Obermaurer gefragt, ob er ihr auch ein Gehalt auszahlen wolle, da sie doch immer auf der Baustelle sei. Sie kommt aus Neapel und sie kann so was sagen. Ich finde sie toll. Allein die Vorstellung, ich würde unserem fleißigen Obermaurer so etwas sagen, nachdem ich seinem liebevoll gesetztem Türrahmen einen Tritt mit meinen Baustellenschuhen versetzt habe, treibt mir die Schamesröte ins Gesicht. Es ist nicht zu ändern: in diesem Moment ist die Baustelle was für Männer. Ich versuche mich zu trösten. Wenn ich MM und seinen Kindern nichts zu essen geben würde, nicht dafür sorgen würde, dass seine Wäsche gewaschen wird und seine Kinder zur Schule gebracht und wieder abgeholt werden, plus am Nachmittag ihre Hausaufgaben machen, könnte auch er nicht auf Baustellen sein (für die er nebenbei vermerkt, ihm vom italienischen Gesetz erstaunlicherweise zugestandene Kinderbetreuungszeiten aufbraucht). Sollte ich je in meinem Leben einer andere Baustelle vorfinden, die betreut werden muss, werde ich von Anfang an andere Strategien anlegen und dafür sorgen, dass aureichend Mllimeterpapier in meinem Besitz ist, und dann werde ich den Maurern sagen, wo's lang geht. Nächstes Projekt: Schweinestall. Und dann werde ich ein Dixi-Klo auf die Baustelle schaffen lassen. Ob es so was gibt, in Süditalien?
Ich denke oft darüber nach, warum ich so gerne zu unserem Haus fahre, zu dieser unglaublichen Baustelle, in the middle of nowhere. Ich denke darüber nach, weil ich Angst habe, dass es aufhört. Im Moment habe ich dort nichts, außer meiner ADSL-Leitung, die nach fünf Monaten funktioniert und einem Telefon und Arbeitskleidung. Das, was uns gefallen hat, das Pittoreske, wird unserem Projekt, ein interessantes, lebenswertes und ökologisch vertretbares Haus zu schaffen, geopfert. Gewisse private Versatzstücke leisten Widerstand und werden von einem Ort zum anderen geschoben. Ein Bügelbrett der Vorbesitzerin zum Beispiel, das aus unverständlichen Gründen nie weggeräumt wurde, dient im Moment als Ablage für die bunten Thermostaschen , in denen die Maurer ihr Mittagessen und ihr Jause mitbringen. Eine Flüssigseife, die ich gekauft habe, stand auf einer Waschschüssel, die irgendwann abgebaut wurde, dann wurde sie auf die Treppe gestellt, die Treppe wurde jetzt aber verändert, weil eben ausgeglichen, und ich frage mich, wo die Flüssigseife hingekommen ist. Die Maurer fragen sich wahrscheinlich, wieso ich diese Flüssigseife nicht weggeräumt habe, aber in all dieser Veränderung, dieser Zerstörung, stand ich Flüssigseifen und Bügelbrettern und vor allem einer Plastikpflanze der Vorbesitzer entwaffnet gegenüber. Machtlos verfolgte ich, wie diese ihren Standort wechselten, dabei hätte ich zumindest die Plastikpflanze wirklich gern weggeschmissen. Aber die Tatsache, dass sie von einem Ort zum anderen übersiedelt wurde, gab ihr eine Lebensberechtigung. So wie der Apfelbaum mit den ungenießbaren Äpfeln, den MM abgesägt hat. Das war der härteste Schlag. Immerhin war es ein Baum. Aus den Äpfeln hätte ich schon was gemacht. "Er hat geblüht!" werfe ich MM vorwurfsvoll entgegen. Die Küche des Kindes (Alte Töpfe der Vorbesitzerin, mit denen das Kind hemmunsglos herumpritscheln konnte), wo ist die jetzt? Auch sie ist Teil der Versatzstücke, die von einem Ort zum anderen wanderten. Und wo bin ich in dem Ganzen? Pan Tau-artig versuche ich mich durch die Baustelle zu bewegen und schaffe es doch immer, einem eben gesetzten Türrahmen einen Tritt zu versetzen oder mir Zement ins Gesicht schleudern zu lassen. Eine Bekannte erzählt mir heute verständnsivoll von ihren Erfahrungen mit einer Baustelle: sie hätte immer ein paar Schuhe für die Baustelle im Auto gehabt (angesichts ihrer perfekten hochhackigen Lackschuhe durchaus verständlich) und hätte den Obermaurer gefragt, ob er ihr auch ein Gehalt auszahlen wolle, da sie doch immer auf der Baustelle sei. Sie kommt aus Neapel und sie kann so was sagen. Ich finde sie toll. Allein die Vorstellung, ich würde unserem fleißigen Obermaurer so etwas sagen, nachdem ich seinem liebevoll gesetztem Türrahmen einen Tritt mit meinen Baustellenschuhen versetzt habe, treibt mir die Schamesröte ins Gesicht. Es ist nicht zu ändern: in diesem Moment ist die Baustelle was für Männer. Ich versuche mich zu trösten. Wenn ich MM und seinen Kindern nichts zu essen geben würde, nicht dafür sorgen würde, dass seine Wäsche gewaschen wird und seine Kinder zur Schule gebracht und wieder abgeholt werden, plus am Nachmittag ihre Hausaufgaben machen, könnte auch er nicht auf Baustellen sein (für die er nebenbei vermerkt, ihm vom italienischen Gesetz erstaunlicherweise zugestandene Kinderbetreuungszeiten aufbraucht). Sollte ich je in meinem Leben einer andere Baustelle vorfinden, die betreut werden muss, werde ich von Anfang an andere Strategien anlegen und dafür sorgen, dass aureichend Mllimeterpapier in meinem Besitz ist, und dann werde ich den Maurern sagen, wo's lang geht. Nächstes Projekt: Schweinestall. Und dann werde ich ein Dixi-Klo auf die Baustelle schaffen lassen. Ob es so was gibt, in Süditalien?
Montag, 18. Januar 2010
was mich freut
Müsste ich eine Rubrik mit dem Titel "Was mich ärgert" schreiben, hätte ich täglich 24 Stunden Arbeit. Es begänne spätestens um 6 Uhr morgens bei den ersten Radionachrichten. Ich lebe in einem Land, das ausreichend Stoff für Ärgernisse liefert. Am Beginn meiner Rubrik stünden also kleinwüchsige Minister, die ein Gesetz einführen wollen, demzufolge Kinder mit 18 aus ihrem Elternhaus ausziehen sollen. Argument: er ist erst mit dreißig ausgezogen und konnte bis dahin nicht mal sein Bett machen. Caro Signor B., ich habe kein Interesse, meine Kinder länger als nötig an mich zu binden (zumal sie jetzt ein super Kinderzimmer mit tollem Ausblick auf Meer bekommen, das ich mir nach ihrem Auszug unter den Nagel reiße, um mindestens 2000 Krimis zu lesen), aber über das Bettenmachen reden sie gern mit meinem siebenjährigen Sohn, dem geht das auch auf die Nerven, doch ab und zu gibt die Tatsache, sein Bett gemacht zu haben, ihm das Gefühl, potent wie Hulk zu sein. Sehr empfehlenswert. Gesetze sollte man nicht aufgrund eigener Lebenserfahrungen entwerfen.
Ich will aber viel lieber die Rubrik "Was mich freut" schreiben, denn das geht sehr viel rascher, ist in weniger als fünf Minuten abgehandelt:
Mich freut, dass wir es schaffen, um zehn nach sieben das Haus zu verlassen und keiner ist bereits verärgert.
Mich freut, den Obermaurer zu sehen, der ruft: "Heute ist auch die Signora da, ciao Signora!", aber am meisten freut mich, dass ihm sein Hemd aus der Hose hängt.
Mich freut, dass nach fünf Monaten die ADSL-Leitung im rosa Zimmer funktioniert.
Mich freut dann eine Zeitlang nichts im speziellen, aber dann sehe ich den Mann, der geht, und das freut mich wirklich.
Mich freut dann insgeheim, dass ich mit meinen Kindern im Auto blitzschnell zwischen zwei Autos von Maurern durchpresche, das ist ein bisschen kindisch, aber meine Kinder lieben Speed Racer und ich mach mich manchmal gern wichtig.
Mich freut, dass die Kinder Mandarinen vom Baum essen und sich Mandarinen-Man nennen.
Mich freut, dass MM (nach Nachdenken) sagt, ich habe recht, wenn ich finde, dass wenn Menschen aus meiner Generation mit 24 Jahren geheiratet haben, das nicht besonders jung ist, sondern was mit dem Leben auf dem Land zu tun hat.
Mich freut, dass mir ein Freund schreibt, den ich seit mehr als zehn Jahren nicht gesehen habe und an den ich heute gedacht habe.
Mich freut, dass ein anderer Freund mir über e-mail den Inhalt der Festplatte eines Laptops schickt, dessen Existenz ich verdrängt habe.
Also eigentlich hat Minister B. recht, ich bin eines dieser Exemplare, die mit 18 von zu Hause ausgezogen sind, ich kann damals wie heute mein eigenes Bett machen und habe jeden Grund, ein lautes "Hurra!" aufs nachtschwarze Meer hinauszurufen, to whom it may concern.
Ich will aber viel lieber die Rubrik "Was mich freut" schreiben, denn das geht sehr viel rascher, ist in weniger als fünf Minuten abgehandelt:
Mich freut, dass wir es schaffen, um zehn nach sieben das Haus zu verlassen und keiner ist bereits verärgert.
Mich freut, den Obermaurer zu sehen, der ruft: "Heute ist auch die Signora da, ciao Signora!", aber am meisten freut mich, dass ihm sein Hemd aus der Hose hängt.
Mich freut, dass nach fünf Monaten die ADSL-Leitung im rosa Zimmer funktioniert.
Mich freut dann eine Zeitlang nichts im speziellen, aber dann sehe ich den Mann, der geht, und das freut mich wirklich.
Mich freut dann insgeheim, dass ich mit meinen Kindern im Auto blitzschnell zwischen zwei Autos von Maurern durchpresche, das ist ein bisschen kindisch, aber meine Kinder lieben Speed Racer und ich mach mich manchmal gern wichtig.
Mich freut, dass die Kinder Mandarinen vom Baum essen und sich Mandarinen-Man nennen.
Mich freut, dass MM (nach Nachdenken) sagt, ich habe recht, wenn ich finde, dass wenn Menschen aus meiner Generation mit 24 Jahren geheiratet haben, das nicht besonders jung ist, sondern was mit dem Leben auf dem Land zu tun hat.
Mich freut, dass mir ein Freund schreibt, den ich seit mehr als zehn Jahren nicht gesehen habe und an den ich heute gedacht habe.
Mich freut, dass ein anderer Freund mir über e-mail den Inhalt der Festplatte eines Laptops schickt, dessen Existenz ich verdrängt habe.
Also eigentlich hat Minister B. recht, ich bin eines dieser Exemplare, die mit 18 von zu Hause ausgezogen sind, ich kann damals wie heute mein eigenes Bett machen und habe jeden Grund, ein lautes "Hurra!" aufs nachtschwarze Meer hinauszurufen, to whom it may concern.
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