Freitag, 30. März 2012

Die fröhliche katholische Kirche

Die Messe für unseren verstorbenen Ex-Hausbesitzer war ganz anders, als ich sie mir vorgestellt hatte und vor allem ganz anders als ein Begräbnis.
Sie fand in der kleinen Kirche statt, die im Ortsteil Bosco, also Wald, angesiedelt ist. Wir warteten auf den Pfarrer und währenddessen erzählte mir eine Frau, deren Tochter mit meinen Söhnen in die Klasse geht, alles über die Studienreisen ihrer Tochter. Dann kam der Priester und es ertönte eine Musik mit sanften Tönen aus den kleinen Lautsprechern, die ich später in der Hand unseres Nachbarn, dem Technik-Studenten sah. Da sangen die Menschen sanft dazu, dass Gott der einzige in ihrem Herzen ist, das fand ich nicht so schön, denn ich denke, im Herzen sollte Platz für einige Menschen sein, aber vielleicht ist das so, wenn Gott drin wohnt, dann wohnen da noch ein paar andere. Ich jedenfalls möchte mein Herz in dieser Kirche nicht analysieren lassen, obwohl mir der Pfarrer extrem entspannt schien. Er war sehr heiter und gab gleich zu, dass er den Toten nicht gekannt hatte. Er erkläre, dass Peppino jetzt im Paradies sei, wo wir alle hin wollen, mehr noch, er sei an der Seite der Madonna. Was er vermittelte war, dass er das ziemlich klasse fand, so kurz vor Ostern, wo nämlich auch Jesus gestorben ist, zu sterben und dann also gleich seine Auferstehung zu haben. Das Sterben ist unser Ziel, meinte er, und wenn einer krank sei, klar versuche man, es hinauszuzögern, und wenn es nicht mehr geht, dann geht es nicht. Er sagte, Jesus war auch erst 33, das ist eigentlich kein Alter zu sterben, aber er sei für uns gestorben.
Ich hatte zwei Packungen Taschentücher mitgenommen und nicht ansatzweise daran gedacht, eine Träne zu vergießen. Im Gegenteil, ich wurde fast neidisch, weil ich nicht im Paradies war und nicht das Glück hatte, wie Peppino, endlich vom Herrn gerufen zu werden und heimzukehren. Tatsächlich fühlte ich mich ziemlich müde und die Sorge darum, ob die Jungs wirklich in unserer Abwesenheit ihre Hausübungen machten und ob sich das Kind in sein Tanzdress schmiss, hätte ich mir an der Seite der Madonna auch ersparen können. Ich hörte dem Priester zu und musste mich fragen, wieso wir so verbissen am Leben hängen. Wieso sahen doch manche Menschen geprüft aus? Wahrscheinlich haben sie nicht zugehört. Das ist das Geheimnis, Katholiken: hört dem Priester zu und dann werdet ihr nicht mehr so leiden müssen, alles ist gut, ihr kommt ins Paradies, das mit der Hölle und dem Fegefeuer erzählt man nur den kleinen Kindern, damit sie den Eltern folgen.

Nach der Messe haben wir noch mit einigen Menschen geplaudert und ich hatte wieder einmal eine dieser kulturellen Unentschlossenheiten. In MMs Gegend grüßen sich die Menschen bei einem Begräbnis nicht, wahrscheinlich ist es unmoralisch "Ciao ciao ciao" zu sagen, wenn einer im Sarg liegt. Ich habe also gelernt, dass man betreten zu Boden blickt, auch wenn man seine Verwandten wiedersieht, die man nur mehr an Begräbnissen trifft. Nur die engen Familienmitglieder des Verstorbenen grüßt man, um zu kondolieren. Das war hier aber auch anders und schlussendlich hatte ich das Gefühl, mich schlecht benommen zu haben, weil ich all diese freundlichen Frauen nicht herzlich gegrüßt hatte. Die Frau des Obermaurers war auch zugegen, die hat mich aber nicht gegrüßt, ich weiß nicht, ob sie mich wirklich nicht kennt, oder ob sie nur so tut. Ich hätte auch nicht gesagt: so machen sie mal den Mund auf, damit ich sehen kann, wo meine tausende von Euro sind.

Ich habe es geschafft, niemandem mitzuteilen, dass Peppino in seinen Bäumen weiterleben wird, was MM wahrscheinlich ebenso blöd wie das mit der Madonna gefunden hätte. Aber ich war nahe daran, ich gebe es zu.

Die Mutter der Schulkollegin der Söhne meinte abschließend, dass sie glaube, dieser Pfarrer sei immer leicht beschwipst. Wer kann es ihm verdenken? Mir hat er auf jeden Fall das Abschied nehmen oder den Gedanken an den Abschied leichter gemacht, ohne dass ich mich selbst betrinken musste.

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