Sonntag, 25. März 2012

Kikeriki


Ich habe beschlossen, nicht mehr so viel über die Kinder und also so viel über die Schule zu schreiben, denn ich befürchte, irgendwann wird mich jemand fragen, ob ich diese schlecht gelaunte Mommybloggerin bin. Obwohl ich hier gestehen möchte, wie sehr mich die Frage beschäftigt,ob das permanente Kürzen von Bruchrechnungen an diesem Sonntag sich positiv auf meine gesamte Lebenshaltung auswirken könnte. Die Matheprofessorin war an drei Unterrichtstagen nicht anwesend, sicher hat sie ein mathematisch inspirierendes Seminar mit dem möglichen Titel "Was sagt uns Euklides heute?" besucht und aus lauter schlechtem Gewissen sehr viele Hausübungen gegeben. Ich persönlich finde das Kürzen bei Bruchrechnungen extrem befriedigend und ich wünschte, ich könnte mehr Brüche in meinem täglichen Leben finden. Ich glaube, dass ich meinen Kindern die Leidenschaft für das Kürzen vermitteln konnte, denn MM stellt erstaunt fest, dass keiner gemeutert hat. Allerdings ging immer gerne einer dem Papa helfen, worauf man sich sonst nicht immer verlassen kann. MM hat eine andere Leidenschaft, und zwar entwirft er seit einigen Wochen einen Hühnerstall. Nun ist er zu konkreten Taten übergegangen und hat das Gehege, das einst für die Hühner vorgesehen war, von Dornen befreit. Als wir dieses Haus kauften und renovierten, bzw. als wir noch das Geld hatten, es renovieren zu lassen, sagten die Arbeiter und die Nachbarn: "Wie schön, und wenn man dann noch ein paar Tiere hat, besonders schön." Ich erwiderte eifrig, dass wir einen Hund hätten, aber sie meinten Schafe, Ziegen, Schweine, Kaninchen und natürlich Hühner. Jetzt sind wir schon seit fast zwei Jahren hier und haben immer noch nur den Hund und drei Katzen. Sonst: kein Pferd, kein Hase, kein Hendl. Die Ziegenböcke von den Nachbarn schreien in diesen Tagen so verstörend, dass ich immer erschrecke und Angst habe, meine geheimen Wünsche wurden erhört, und der eine Nachbar, der letztens so deppert zu mir war, wurde just in diesem Moment von einem Herzinfarkt niedergestreckt. Warum hier alle Ziegen und Schafe haben, weiß ich nicht, denn außer entzückend und lustig auszusehen  und die Grasschneidemaschine zu unterstützen, geben sie nicht viel her, was mir ja auch recht wäre, aber zusätzlich zu den Kindern, die zum Schulbus begleitet werden wollen, auch noch die Schafe auszuführen, wäre mir zu viel. Die Leute gehen mit ihren zwei bis drei Schafen und einer Ziege auf eine Wiese oder irgendeinen Fleck mit Grün und dann weiden die Tiere und die Menschen schauen ihnen zu, mitunter recht lange. Ob das eine Form der Verbrechensvermeidung ist?
Dass mit dem Hausschwein habe ich verstanden, aber das kommt nicht in Frage, unser Hausschwein würde dreihundert Jahre alt werden und uns schließlich die Haare vom Kopf fressen. Aber die Hühner, ja, die geben Eier und wenn ich das Glück meiner Nachbarinnen wahrnehme, wenn sie verschmitzt sagen: "Heute habe ich sechs Eier gefunden!", dann packt es auch mich und ich will sofort Eier suchen gehen. Ich will lieb sein zu den Hennen und mich freuen, wenn der Hahn schreit und niemand wird den Hennen den Kopf abhacken wollen. Wir werden Eierpeis' essen und dabei "ah" und "oh" rufen.
Ich werde sehr froh sein, wenn ich beim Gemüsemann nicht mehr verschwörerisch die Stimme senken muss, um zu fragen, ob er vielleicht auch "Hauseier" hat, die er dann im positiven Fall geheim unter dem Ladentisch hervorholt und zu einem Preis verkauft, der wirklich an Drogenhandel denken lässt. Manchmal gibt es die heißbegehrten Eier auch nicht, denn diese glücklichen, in der Erde pickenden Hühner sind eigenwillige Wesen und wollen manchmal einfach keine Eier geben und die wenigen verarbeitet dann die Bäuerin selbst.
Wenn MM den Hühnern den wunderbaren Stall gebastelt haben wird, den er bereits frohlockend "Chalet svizzero" nennt, wird unser Leben einen entschiedenen Schritt in Richtung Autonomie machen. Leider werden die Hühner sicher meine Unterstützung verlangen, zwar nicht im Bruchrechnen, aber sie wollen wahrscheinlich gefüttert, geputzt und möglicherweise angehört werden wollen. Ich hoffe, sie bekommen kein Fieber. Das Kind füttert sehr gerne Tiere, vielleicht möchte es den Hühnern dann die Kartoffelschalen bringen, die ich liebevoll für sie aufbewahren werde. Ich kann es kaum glauben: Ich werde ein Ei haben.

Es gibt einen kleinen Fuchs, den wir manchmal abends sehen. Er springt immer entsetzt in die Büsche, wenn wir ihn mit den Autoscheinwerfern anleuchten, aber Stefano sagt, es gibt einige Füchse hier und sie interessieren sich nicht für Hühner. Das kommt mir komisch vor. Aber dann denke ich, das liegt daran, dass dort, wo wir wohnen, sich Fuchs und Henne Gute Nacht sagen, und es gar nicht der Hase war.

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