Mittwoch, 17. August 2011

Jetzt weiß ich es wieder!

Nämlich, warum ich diese meine Heimatstadt HASSE.Ich komme um 22: 36 vor einen Schalter eines personenbesetzten Bahnhofs, wie das hier heißt. Die beiden automatischen Glastüren sind geschlossen und öffnen sich natürlich auch nicht. Zwei Japaner stehen vor dem Mann hinter der Theke, neben ihm ein anderer Mann, der ein paar Mal über meinen flehentlichen Ausdruck und mein zartes Klopfen hinwegsieht. Ich denke, wenn sie die Japaner nicht unterirdisch oder mit Polizeischutz rausbringen, dräng ich mich rein und erzähle über meine schwierige familiäre und sonstige Situation, die mir Besuche bei der Staatsbahn nur nach 22 Uhr erlaubt und dann ist sich auch das nicht ausgegangen. Aber der Mann im weißen Hemd deutet auf seine Uhr und schwenkt anschließend seine Arme kreuzweise über dem Kopf. Ich gehe. Ich fluche. Schon lange habe ich mich nicht so reden gehört. Ich höre: "Ihr seids wirklich Oaschlecher." Das ist meine Stimme. Nicht schön! Ich gehe zurück. Ich warte auf den Mann, der die Japaner betreut. Sein Kollege macht ihn auf mich aufmerksam (Achtung, gleich holen sie die Feuerwehr). Der zweite Schalterbeamte deutet ebenfalls aus seine Armbanduhr und hebt die Hände über den Kopf. Ich mime: ich bin doch nur fünf Minuten zu spät, indem ich auch auf meine Uhr deute.Er reißt wieder die Arme hoch. Ich gehe, jetzt aber wirklich.
Bei all dem Müllproblem, bei all dem Berlusconi, bei aller Mafia: DAS würde in Italien NIE passieren. NIE. Es kann sehr gut sein, dass ein Geschäft, auch ein Informationsdienst 15 Minuten zu spät aufsperrt, aber NIEMAND schickt einen Klienten weg, wenn der Laden noch irgendwie in Betrieb ist. Das machen die Menschen zum einen, weil sie Klienten schätzen, zum anderen, weil sie auch Klienten sein könnten, und daher erscheint es ihnen unhübsch, die Person abblitzen zu lassen. Vielleicht hätten sie mir eine Standpauke gehalten: Signora, wollen sie, dass wir bis Mitternacht arbeiten, wir haben auch eine Familie!, aber sie hätten mir meine Bahnkarte verlängert, wenn das technisch möglich gewesen wäre, auch um 22:36.
"Pare brutto!" ist ein stehender Spruch in Italien, zumindest im Süden. Eine Rechtfertigung für alles, was man tut, weil es sonst nicht gut ausschaut. Ich habe immer gefunden, dass es nicht so wichtig ist, ob was gut oder schlecht wirkt, aber heute habe ich den Vorteil dieser wenig freigeistigen Mentalität zu schätzen gelernt.

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