Sonntag, 22. April 2012

Hommage an mich jung und John Travolta

Meine grossen Kinder machen fuer die Schule ein Musical, sie muessen zu den Rhythmen von "Hairspray" das Tanzbein schwingen. "Mamma, heute haben wir in Musik getanzt!" verkuendet der 14-jaehrige mit ungewohntem Enthusiasmus."Echt? Und der Rallyefahrer ist nicht gestorben vor Peinlichkeit?" "Aber nein, der hat sich vergnuegt!" Hm, sind das die selben, die noch vor vier Wochen nicht einmal mit vorgehaltener Pistole eine rhythmische Bewegung in einem Umkreis von einem Km Distanz von der Schule gemacht haetten, als loese diese unweigerlich das Beduerfnis aus, die Schultern nach vorne zu werfen und den Kopf dazwischen einzuziehen. Ich habe mir die Musiklehrerin bereits angesehen, um zu verstehen, weshalb der Rallyefahrer mit dem Einsatz seines Lebens Floete spielt. Ihr Sex Appeal kann es nicht sein, denn sie ist etwa so alt wie ich und hat eine Warze auf der Nase, ergo ist es ihr paedagogisches Feingefuehl. Der Rallyfahrer analysiert: "Ich glaube, ich habe mein Schamgefuehl ueberwunden!" Also schauen wir uns auf you tube Ausschnitte vom Filmremake von Hairspray an, was aber glaube ich, mir am besten gefaellt. Vor allem den dicken John Travolta, der eine Frau spielt, finde ich bezaubernd. Er tanzt gottvoll. Von dort kommen wir auf Saturday Night Fever. Meine Kinder kennen John Travolta aus Pulp Fiction. Leider haben sie ein enorm fest geschnuertes Filmwissenspaeckchen, wenn es um Blut geht, und MM hat ihnen einiges gezeigt, das er wohl selbst gern wieder und wieder gesehen hat. Die Tatsache, dass die Kinder wissen, wie das Schwert aus Kill Bill heisst, das einen sehr komplizierten Namen hat, fuehrt er alsBeweis dafuer an, dass sich die Kinder merken, was sie interessiert, und nicht in ihrem Kopf behalten, was sie nicht interessiert. Eine Niederlage fuer die Grammatik also.
Ich kenne John Travolta, seit ich dreizehn bin, und ich gebe zu, dass ich damals in die "fuenf Uhr Tee" genannte Kinder (?)-Disco in einer spaeter stadtbekannten Disco ging, deren damaligen Namen ich vergessen habe, aber er war nicht Take five. In dieser Disco Samstag nachmittags um fuenf lernten meine Freundin und ich ein paar Jungs kennen, mit denen wir ins Kino gingen, um uns "Saturday night fever" anzuschauen. Mein Begleiter, an dessen Namen ich mich auch nicht mehr erinnern kann, trug ein rotes Hemd und eine Lederjacke, so wie zufaelligerweise John Travolta im Film und die anderen Jungs im Kino auch. Sie haben aber nicht mitgesungen, wie die bei der Rocky Horror Picture Show. Und jetzt sehe ich also wieder John Travolta, diesmal im weissen Anzug, wie er zu den Bee Gees tanzt: "More than a woman, more than a woman to me..." Meine zwei Break-Dancer schauen etwas entsetzt zwischen dem Computer und mir hin und her, denn mit mir geschieht, was dem Zucker im Kaffee passiert: ich schmelze, ich loese mich auf. John Travolta ist so hingebungsvoll, dass ich mich ihm hingeben moechte, er tanzt so goettlich, er ist so lieb, er ist so vielversprechend und am Ende kuesst er sie, eben so lieb, so hingebungsvoll, so zaertlich! Mensch, wie die Leute in den 70ern kuessen konnten! Meine Kinder sind peinlich beruehrt. Seit ich diesen Ausschnitt gesehen habe, denke ich an nichts anderes als an John  Travolta und wie er so dick werden konnte und an mich und wie ich so alt werden konnte, wie ich bin, ich seh mich ja im Spiegel. Er tanzt aber immer noch und trotzdem so gut und ich glaub auch noch immer und trotzdem, wie damals mit 13, dass alles moeglich ist.

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