Montag, 22. März 2010

Regionalwahlen und Verkleinerungen

Kurze Milde gegenüber dem Land verspürt, wegen frühlingshaftem Wetter, Vogelgezwitscher und Nachrichtenabstinenz. Eigentlich freu ich mich ja immer auf den Montag, weil der Sonntag wegen geballter Familie so anstrengend ist, aber der Montag bringt oft unangenehme Überraschungen: wegen der Regionalwahlen (im Radio höre ich Lieder in denen „Zum Glück gibt es Silvio“ gesungen wird, das ist kein Spaß) sind ab Freitag Mittag die Schulen geschlossen und zwar bis Mittwoch, am Donnerstag fangen aber die Osterferien an, d.h. meine Kinder haben unverhofft fast zwei Wochen Ferien und wir keine Chance, uns darauf vorzubereiten. Jetzt wo sie endlich dividieren können, wird ihnen die Freude vorenthalten, diese neue Kunst ausgiebig zu praktizieren. Das Relativpronomen „che“ wird unter dem Ostereierpapier in Vergessenheit geraten. Hilfe, ich werde keine Ostereier ungestört einkaufen können, ich werde immer alle bei mir haben, im Supermarkt, zu Hause, auf der Baustelle, wenn ich Kaffee trinke, und möglicherweise muss ich sie auch in die Arbeit mitnehmen. Bei MM sind sie besser aufgehoben, beschließe ich, der hat einen großen Fernseher in seinem Labor und dort werden sie Zeichentrickfilme bis zum Abwinken sehen. Wenn ich schreibe, werden sie auf meinem Computer Michael Jackson Videos sehen wollen. Und das alles wegen der depperten Wahlen, die sowieso ein Chaos und eine Farce sind und unnötig, denn das Regime wird ohnehin bald gestürzt und dann wird neu gewählt. MM sagt, dass der Cavalliere Angst hat, wie Sarkozy zu enden, aber ich glaube, er hat Angst, wie Ciauscescu zu enden.

Von meiner wenig rosigen Zukunft werde ich durch einen Anruf in der Schule in Kenntnis gesetzt, ich will immer alles früher wissen, ich bin eine Nervensäge, „una rompipalle“, (eine die Hoden zerstört?!). Hätte ich doch nur auf die schriftliche Mitteilung gewartet, die meistens einen halben Tag vor dem Ereignis gemacht wird, denn italienische Mütter sind ohnehin immer zur Verfügung, oder aber die Kinder sind bei den Großeltern, die sich gerne nach dem Stundenplan der Kinder richten. Wenn ich auf die schriftliche Mitteilung gewartet hätte, hätte ich mir ein paar entspannte Tage gemacht und wäre dann erschrocken zum Krisenmanagment übergegangen. Ich wollte auch wissen, ob ich meine Kinder heute eineinhalb Stunden über Mittag in der Schule lassen kann, denn obwohl ich wirklich ein schlechtes Gewissen habe, erscheint es mir doch zweckdienlich nicht 40 Minuten zur Schule zu fahren, nach Hause zu rasen, zu kochen, und die Kinder wieder mit dem Blaulicht in die Schule zu bringen und wieder 40 Minuten zum rosa Zimmer und zur anderen Schule zu fahren. Ob ich ihnen denn eine „Merendina“ gegeben hätte, fragt die Lehrerin am Telefon. Die Verkleinerung von Jause ist doch eigentlich nicht möglich, Jause ist doch eh schon die Verkleinerung von echtem Essen. Meine Kinder haben 2 Stück von mir selbst belegte Pizza im Rucksack, eine wertlose Süßigkeit, in der angeblich Joghurt ist, einen karieserzeugenden Saft („il succhino“, das Safterl) und einen halben Liter Wasser. Das ist das Jauserl. Meine Kinder küssen mich wegen dem Jauserl auf die Wangen, sie lieben Pizza und süßen Schmarrn. Un bacino, ein Bussi wahrscheinlich.

In Mathematik lösen sie dann „problemini“, kleine Probleme, Problemchen. Mir geht dieses verkleinerte Leben auf die Nerven.

Unser Obermaurer benutzt mit deutlicher Hingabe das Wort „un attimino“, Verkleinerung eines Augenblicks. Vediamo un’attimino. Schaun wir mal ein Augenblickchen. „Un pochettino“, die Verkleinerung von ein wenig ist überhaupt der Gipfel.

Die Maurer versuchen mich eben aus dem Weg zu räumen, von unterhalb des rosa Zimmers dringt eine Staubwolke, die Mischmaschine dreht sich lautstark. Manchmal denke ich, der Obermaurer mit seiner Firma ist wie ein Hund, der sein Territorium markiert. Er stellt seine Mischmaschinen auf und dann ist alles seins. Wir haben vor und hinter dem Haus eine, bei einem Nachbarn in der Umgebung steht auch eine. Die unter meinem Fenster ist gelb wie die Zitronen auf dem Baum daneben. Gelb von blühendem Klee sind auch die Wiesen auf der anderen Seite des Flusses. Dort stehen noch immer die Schafe. Ein Schaf wäre ich heute auch gerne, möglichst ein elektrisches.

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