Dienstag, 16. Februar 2010

Hurra!

Auf MMs Computer, der vor mir steht, sehe ich ein Foto von unserer Terrasse. Die kleinen "Iglus" sind schon zu einem Drittel verlegt, die Eisenstangen sind eingesetzt, ich sehe im Hintergrund das Meer, im Mittelgrund die Palme vor dem grünen Hügel auf der anderen Seite des Flusses, im Vordergrund einen gelben Maurerkübel. Rechts vor dem Meer steht die große Eiche, UNSERE Eiche. Die Terrasse (eigentlich das Dach unseres Hauses, denn es wird noch eine Terrasse vor dem Haus geben, misst 50 qm. MM sagt, der Obermaurer hätte sich soweit vorgewagt, zu sagen, wir hätten die schönste Terrasse des ganzen Ortsteils. Der ganze Ortsteil? Wieviel Häuser mögen das sein? Das ist zu wenig! Ich gehe nachfragen. Nein, die schönste Terrasse dieses Teils des Hügels, also jetzt geht es schon um 200 Häuser. Trotzdem zu wenig. Aber immerhin, das ist seine Welt, diese Terrassen kennt der Maurer, insofern ist dieses Urteil glaubwürdig. Er hat auch noch ein anderes Urteil abgegeben und zwar, dass er glaubt, zu Ostern nichts mehr am Haus zu tun zu haben. Ostern. Das hab ich doch gesagt: zuerst war Weihnachten als Umzug angedacht, das wars nicht, dann eben Ostern. Gut, wenn die Maurer weg sind, dann heißt das immer noch: Fenster, Fußböden, Türen. Es heißt nicht: Fliesen, denn die legen komischerweise auch die Maurer. Irgendwann dazwischen müssen die Elektroleitungen eingezogen werden, die Schläuche wurden bereits verlegt und der Installateur muss fertig machen. Die Heizkörper kaufen wir erst nach dem Sommer und ich hoffe wir werden nicht einer der vielen kalabresischen Haushalte, in denen die Anschlüsse für die Heizkörper jahrelang verwaist aus der Wand rausstehen.
Dass ich ein noch nicht ganz fixes Jobangebot für die Monate April bis Juni habe, führt meine Hände irgendwie automatisch zum Kopf, wo ich mir das Haar ausreißen möchte. Wird meine Familie allein übersiedeln? Werde ich dann ankommen und einen drei Tage dauernden Schrei ausstoßen? Wird in meinem Bett IM NEUEN SCHLAFZIMMER ein Teddybär schlafen? Im neuen Schlafzimmer wurde heute eine Steinwand gebaut, die mich vor Freude ganz verliebt macht. Vielleicht dauert aber doch alles länger und wir werden im Juni mit weniger hohen Schulden Kisten schleppen. Wer weiß.

Der Obermaurer hat angeboten, den hinteren Teil des Hauses vom Verputz freizulegen, auf dass die Steinwand herauskommt, und das jetzt zu machen, auch wenn wir es erst später bezahlen würden. Denn wenn sie das später machen würden, hätten wir erst recht wieder Dreck im Haus. "Leider," sagt er mit beschämtem Blick, "wir Maurer machen Schmutz". "Aber das macht doch nichts!" möchte ich rufen. Hätte er nur nie so unvorsichtige Statements vor dem Kind abgegeben, das später im Auto zu mir sagt: "Weißt du, die Maurer sind tüchtig. Aber es sind SCHMUTZFINKEN!" Und er wird es den Maurern reindrücken, dessen bin ich mir sicher.

Andere aufregende Fotos zeigen den Bagger der Gemeinde, der den Erdrutsch beseitigt. Ein drohender Erdrutsch in unserem neuen Ort war auch der Grund für die Straßensperre der Staatsstraße, auf der ohnehin schon alle LKWs fahren, weil die Autobahn gesperrt ist. All dieser Verkehr zwängte sich durch die engen Gassen der Marina des Orts. Laut MM kam man in 10min 10m weiter.

Eine Szene, die ich gerne miterlebt hätte, ist die Abfahrt der Maurer in ihrem praktischen Fiat Fiorino, der leider nicht mehr fährt, wenn die Tankuhr Reserve anzeigt. Der Sohn beschuldigte den Vater, nicht getankt zu haben, der Vater war wieder mal "distratto", zerstreut, wie es eben echte Genies sind, die es auch unter Maurern gibt. Angeblich sind sie den ganzen Weg zu sich nach Hause im Retourgang gefahren, denn dann steht das Auto so, dass Diesel in den Motor strömt. Ich werde die Strecke abmessen, aber es handelt sich um etwa einen Kilometer auf einer engen kurvigen Straße. Kompliment.
MM sagt, er hätte an mich gedacht, als er das gesehen hätte, und dass ich das Auto angezündet hätte. Immer wenn MM an mich denkt, kommt dabei ein schreckliches Bild von mir heraus. In der Vorstellung von mir selbst würde ich diesen Fiorino einfach immer schön tanken, in Wirklichkeit bin ich aber wahrscheinlich auch jemand, der gern auf Reserve fährt.
Letztens hat er an mich gedacht, als er erfuhr, dass unsere Nachbarin ein Mittagessen für 27 Personen zubereitet hat. Aber das ist ein eigenes Thema.

Seit ein paar Stunden weht Scirocco, der warme Wind aus Afrika, wenn man aus dem Haus geht, weht einem heiße Kuft wie aus einem Fön ins Gesicht. Die Scheiben des Autos sind mit Wüstensand verschmiert. Hoffentlich trocknet der Schaden, den der Dauerregen angerichtet hat. Und so ein Glück, dass Aschermittwoch sein wird und wir nicht mehr feiern müssen.

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